© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/23 / 10. März 2023

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema: „Ausweg aus der Energiekrise“. JF 11/23

Sonneneinstrahlung deutlich geringer

In Afrika nehmen die wenigen solartechnischen Anlagen sicherlich keinen Einfluß auf das Wetter wegen des großen Energieeintrags durch Sonneneinstrahlung. In Mittel- und Nordeuropa ist dies allerdings problematisch, da zum Beispiel in Deutschland die Solarenergie „nur“ zu rund 1.000 Vollaststunden bei PV Solar führt, für Windkraftindustrieanlagen (WkA) onshore zu rund 1.800, offshore zu rund 3.000 (und beides zugleich volatil / problematisch bei einer Industriegesellschaft). Die Sonneneinstrahlung ist in Europa somit deutlich geringer als in Afrika. Es kommt in Mittel-/Nordeuropa allerdings noch zu einem weiteren Problem/Nachteil. 

In einem Forschungsprojekt von mir an der Berliner Hochschule für Technik der letzten 10 Jahre sind in Zusammenarbeit mit meteorologischen Instituten zu dem Ergebnis gekommen, daß durch den (großen) Entzug von Energie aus der Atmosphäre durch solar- und windkrafttechnische Lösungen der Jetstream (bandförmige Windströme, deren Bänder das Wetter maßgeblich beeinflussen) sich verlangsamt und somit verschiebt. Dies zieht Trockenperioden und Heißperioden nach sich, die sich gebietsmäßig verlagert haben. Dies hat in Deutschland in den letzten 20 Jahren zu einem Mehrfachen von Waldbränden und Wassernot/Starkregen (so zum Beispiel die Ahrunwetter) sowie Heißperioden (aber auch kurzen Kaltperioden) geführt (die noch weiter gesteigert werden bei weiterem Windkraftausbau). 

Somit kann in diesen aufgeführten Gebieten der sogenannte „Klimaschutz“ (Klima sind gemittelte Wetterdaten über vergangene Jahrzehnte) durch solar- und windkrafttechnische Anlagen keine Lösung sein, sondern nur mittels massivem CO2-freien Kernkraftwerksausbau der nächsten Generation, die zugleich das Endlagerungsproblem lösen würde. Dadurch ließe sich klimaneutral eine Industriegesellschaft führen!

Prof. Dr. Helmut Keutner, OBErkrämer 






Zu: „Bürger zweiter Klasse“ von Michael Paulwitz, JF 10/23

Deutscher Michel: Egoismus pur

Herr Paulwitz trifft wie immer den Nagel auf den Kopf! Vielen Dank. Ich glaube nicht mehr an die Leidensfähigkeit meiner Mitmenschen, sondern nur an ihre Gleichgültigkeit und ihren grenzenlosen Egoismus! Ja, und ihre Feigheit! Solange der deutsche Michel über die Runden kommt, interessiert ihn nicht des anderen Leid! Es ist noch ein langer Weg, bis wir alle auf gleichem Niveau angekommen sind. Aber dann ist es zu spät! 

Henry Gnutzmann, Schacht-Audorf






Zur Rubrik: „Sprachpranger“, JF 9/23

Gender-Gackerei im eigenen Ressort

Zu Recht weisen Sie in dieser Rubrik auf so manche Sprachsünde unserer Zeitgenossen hin. So auch hier, da sie die denglische Sprachverschandelung „Empowering LGBTIQ+ People in the Working World“ zu Recht aufs Korn nehmen. Im erklärenden Text gackern Sie aber selbst auf Gender, indem Sie von „Mitarbeitenden“ anstelle von „Mitarbeitern“ sprechen, wie es im klassischen Deutsch üblich ist. Vielleicht wäre dieser Sprachprangertext selbst auch ein Fall für einen der nächsten Sprachpranger.

Manfred Engelbart, Kronberg






Zur Kolumne: „Dorn im Auge“, JF 9/23

Verhängnisvolles Signal des Staates

Zur Rechtfertigung ihrer Flucht aus der Verantwortung entsprechend ihrem Gelöbnis reicht es diesen verbeamteten Söldnern, eine „ausführliche schriftliche Begründung der Gewissensentscheidung“ und einen nachvollziehbaren Lebenslauf dem schriftlichen Antrag beizufügen. Disziplinarvorgesetzte müssen eine Stellungnahme abgeben, aber welcher Vorgesetzte will sich in lebensgefährlichen Situationen auf jemanden verlassen, der nicht mitmachen will? Im „Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Angelegenheiten“ entscheidet der Sachbearbeiter in der Regel nach Aktenlage. Mir als Bürger dieses Landes ist nicht nachvollziehbar, daß Kriegsdienstverweigerer einer Armee aus Freiwilligen lediglich einen Sachbearbeiter „überzeugen“ müssen. Zu Zeiten der Wehrpflicht mußte dieser Personenkreis, auf jeden Fall aber mußten ehemalige Soldaten gegenüber Prüfungsausschuß, Prüfungskammer und gegebenenfalls Verwaltungsgericht unmittelbar, persönlich und argumentativ die individuellen Gewissensgründe erklären. Politisch motivierte „Begründungen“ wie zum Beispiel der provozierte Krieg der USA in Vietnam galten nicht als begründet im Gewissen. 

Ein Staat, der den außerplanmäßigen Rückzug von Zeit- und Berufssoldaten aus der Armee einem Sachbearbeiter eines zentralen Amtes abseits der Armee überläßt, gibt ein überaus deutliches Signal, daß ihm der Schutz der Bevölkerung und des eigenen Hoheitsgebietes sehr wenig wert ist.

Dipl.-Psych. Gustav J. Brudy, Stockstadt am Rhein






Zum Leserbrief: „Peinliches Hallstein-Erbe der EU“ von Jacqueline A. Henley, JF 9/23

Infame Lüge des SED-Regimes

Dieser Leserbrief wirft Professor Walter Hallstein, der von 1958 bis 1967 erster Kommissionspräsident war, vor, ein „stramm linientreuer Nationalsozialist“ und ab 1938 als Professor an der Uni Rostock „im Auftrag Hitlers“ tätig gewesen zu sein. Das ist mit Verlaub eine üble Verleumdung. 

Hallstein war erstens schon dort ab 1930 Rechtsprofessor. Zweitens hatte er sich als Staatssekretär Adenauers (1951–1957) und Namensgeber der sogenannten „Hallstein-Doktrin“, die den Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik für Gesamtdeutschland durchsetzen sollte, in Ost-Berlin so verhaßt gemacht, daß das Regime alles daransetzte, ihn – und hier war er in zahlreicher guter Gesellschaft – durch die Fälschung kompromittierenden Materials als Nazi zu denunzieren. Außer der Pflichtmitgliedschaft in korporatistischen Zwangsinstitutionen wie dem Bund deutscher Juristen, dem Lehrerbund und der Dozentenschaft kann man ihm jedoch nichts nachsagen, außer daß er Studenten der Bekennenden Kirche, wie Eugen Gerstenmaier, aus der Gestapohaft rettete. Interessanterweise hat die russische Brexit-Propaganda („The Nazi Origins of the EU“) diese Fabrikationen des MfS wieder verwendet. Der Terminus „Kommissare“ hat übrigens mit den Reichskommissaren nichts zu tun. Er entsprach dem französischen Wunsch, die Vorläufigkeit der damaligen EWG-Kommission zu unterstreichen. Es sollten keine Minister sein. 

Die Herrschsucht und ziemlich rechtsfreie Amtsausübung der aktuellen Kommissionspräsidentin läßt sich mit Sicherheit nicht mit der zumeist tadellosen und pflichtgetreuen Amtsführung ihrer 18 deutschen Vorgänger in Brüssel vergleichen. Über die Meriten von Günter Verheugen kann man natürlich geteilter Meinung sein. Für Details siehe meine Sammelbiographie „Die Kommissare. Vom Aufstieg und Fall der Brüsseler Karrieren“ (Nomos 2012).

Dr. Albrecht Rothacher, Brüssel/Belgien






Zum Leserbrief: „Als Sechsjähriger vor Jagdflugzeug fliehend“ von Dr. Klaus Walch, JF 9/23

Republic Thunderbolt P-47

Meine nicht mehr lebende Mutter, Jahrgang 1924, erzählte uns Kindern sehr oft von Angriffen alliierter, vornehmlich amerikanischer Tiefflieger, die in den Jahren 1944/1945 auf dem Feld arbeitende Bauern, deren Kinder, Fremdarbeiter und Nutzvieh mit Bordwaffen beschossen. Nach Angriffen auf eine Eisenbrücke, die über die Lahn führte und über die Munitionszüge aus Stadtallendorf im Kreis Marburg in das Ruhrgebiet fuhren, drehten sie dann oft ab und attackierten alles, was nicht rechtzeitig in die Büsche kam. Bei einem der Angriffe, die im Rahmen des allierten Plans „strafer Germany“ erfolgten, wurde eine Republic Thunderbolt P-47, entweder durch die an der Brücke stationierte Flak oder einen deutschen Jäger, abgeschossen. Die Maschine stürzte im Nachbarort ab und der Pilot verbrannte; seine sterblichen Überreste wurden auf dem Dorffriedhof beigesetzt. Wenige Wochen später marschierten die Amerikaner in eben jenem Ort ein, inspizierten die Absturzstelle und fragten nach dem Verbleib des Piloten. Nachdem ihnen vom Bürgermeister das Grab gezeigt wurde, exhumierten sie den Leichnam. Das Dorf wurde von Kampfhandlungen verschont und die Brücke, übersät mit Bordwaffeneinschüssen und Bombensplittern, steht noch heute.

Herbert Sohn, Wetter






Zu: „Haut auf diese Stadt“ von Jörg Kürschner, JF 8/23

Nicht funktionierender Teil Deutschlands

Nach dem Wahlsieg der CDU im nicht funktionierenden Teil Deutschlands am 12. Februar 2023 scheinen die abgestraften Parteien nicht kapieren zu wollen, daß sie aufgrund ihrer Fehlleistungen in Politik und Wirtschaft vom Wähler den Bescheid zum Abtreten bekamen. Was muß sich in deren Reihen und deren Köpfen für ein total krudes Demokratieverständnis eingenistet haben? Doch der Demokratieabbau in Deutschland begann ja bereits im Frühjahr 2020, als nach einer demokratischen Landtagswahl in Thüringen eine Führungsperson der linken Meute dem demokratisch gewählten Ministerpräsidenten in widerlich-flätziger Gossenmanier den Blumenstrauß vor die Füße warf, wie es eben dem linken Demokratieverständnis so entspricht, andere linke Hordenteile, also in „Political Correctness“ bezeichnete Aktivisten, skandierten nach der Wahl gewaltbereit durch das Erfurter Regierungsviertel und grölten in SA-Hordenmanier gegen das demokratisch erzielte Wahlergebnis, welches nicht ihren Vorstellungen entsprach, und Herr Kemmerich mußte samt Familie beschützt werden. Und zu guter Letzt erscholl noch aus Südafrika die Stimme einer etwas vollschlanken Frau, die sich oft in betongrauen oder senffarbenen Anzügen mit drei Knöpfen an der Jacke in der Öffentlichkeit sehen ließ, und deren Stimme befahl den deutschen Demokraten, daß dieses Wahlergebnis sofort und nach späterer Trumpscher Art zu annullieren sei. Diese „demokratische“ Thüringer Praxis im Umgang mit ungeliebten Wahlergebnissen wurde sofort von Lukaschenko übernommen, und sogar einige Trump-Anhänger fanden diesen Umgang mit erzielten Wahlergebnissen gut und kopierten später auch die „Erfurter Demokratie“ in ihrem Land.

Reinhard Klötzer, Mittelbach






Zu: „Aus weniger mehr machen“ von Olivier Kessler, JF 8/23

Immanenter Zielkonflikt

Herr Kessler streitet gegen eine staatliche Reglementierung der Wirtschaft – ein typisch konservatives Anliegen. Konservativ kommt von konservieren, sprich: erhalten, und erhaltenswürdig sind ohne Zweifel auch die natürlichen Lebensgrundlagen. Da kommt es häufig zum Zielkonflikt. Zum Beispiel hat die ungehinderte Herstellung und Verwendung von halogenisierten Kohlenwasserstoffen, z.B. als Treibgas in Deodorants, die Ozonschicht der Erde verdünnt, was zu mehr Hautkrebs, bei australischen Schafen zum Erblinden und bei Menschen zu massenhaft auftretendem Grauem Star geführt hat. Durch Selbstbeschränkung in einem internationalen Vertrag, d.h. durch die Einschränkung und das Verbot der Herstellung wurde das Problem insofern gelöst, als die Ozonschicht jetzt wieder dichter wird und eine Wiederherstellung abzusehen ist. Allein durch privaten Konsumverzicht wäre das nicht möglich gewesen, weil Versuchungen, Dummheit, Triebhaftigkeit und Gier offenbar unvermeidlich sind. Da müssen Politik und Staat nachhelfen, durch eine gesellschaftliche Debatte in einem demokratischen Prozeß auf der Grundlage von Information und wissenschaftlicher Expertise. Dann von vornherein von „Phrasen“ zu sprechen, wie am Anfang des dritten Absatzes, ist weder überzeugend noch lauter.

Roland Sprenger, Herford






Zu: „Ein großartiger Aufbruch“, im Gespräch mit Kristin Brinker, JF 6/23

Zuallererst braucht die AfD die CDU

Ein nettes Gespräch, doch leider etwas arm an Inhalten. Aber mit der Einsicht, ein anderes Auftreten müsse her. Dann mal los! Will man wirklich mitgestalten, dann gilt es, das Festhalten an nationalquerulantischen Hardlinern zu beenden zugunsten einer moderateren Politik. Wie sollte es anders gehen? Hart in der Sache, doch kompromißbereit. Gut möglich, die CDU braucht mal die AfD. Braucht zunächst nicht eher die AfD die CDU? Noch traue ich der AfD das Regieren nicht zu, und doch hätte ich mir gewünscht, die Partei hätte ein Bundesland durch die Pandemie führen müssen. Der Erkenntnisgewinn, positiv wie negativ, wäre immens gewesen.

Daniel Mooz, Gütersloh






Zu: „Der doppelte Boden des Galilei“ von Ingo Langner, JF 7/23

Bei Brecht größten Eindruck hinterlassen

Vielen Dank für den kritischen Artikel über Bert Brecht! Der Schlußsatz „(...) dann gibt es noch Hoffnung für den armen alten BB“ bezieht sich auf die jungen, der Zukunft zugewandten Theatermacher und auf das literarische Werk Brechts. Aber: Für das ewige Seelenheil des „armen alten BB“ besteht wenig Hoffnung. Zwar wimmeln die Werke Brechts geradezu vor biblischen Bezügen; er bezeichnete die Bibel als das Buch, das ihm den größten Eindruck hinterlassen habe. (O-Ton: „Sie werden lachen, die Bibel.“) Doch die transzendente Hoffnung des Apostels Paulus, wie sie zum Beispiel in Römer 5, 1-2 anklingt, blieb Brecht leider fremd.

Werner Bierlein, Feucht