Verdacht: Museum kaufte gefälschte NS-Dokumente
DRESDEN. Mehrere Schriftstücke, die von dem Hitler-Attentäter Claus Graf Schenk von Stauffenberg und seinen Mitverschwörern Friedrich Olbricht, Henning von Tresckow sowie Wolf-Heinrich Graf von Helldorf stammen sollten, haben sich als Fälschungen erwiesen. Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft Dresden gegen einen 51jährigen aus Neubrandenburg. Diesem wird vorgeworfen, dem Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden in den Jahren 2015 und 2016 mehrere Schriftstücke von oder an Personen, die am Attentat auf Adolf Hitler und am Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 beteiligt gewesen sein sollen, verkauft zu haben. Konkret handelt es sich um zwei Schreiben Stauffenbergs an Staatssekretär Landfried, datiert auf den 08.11.1943, und an den Generalstab des Heeres, datiert auf den 26.05.1942, sowie ein auf 1943 datiertes Schreiben von Olbricht, eine Einzahlungsquittung Tresckows über 185 Reichsmark auf sein Konto, datiert auf den 12.10.1943 sowie ein Schreiben Helldorfs, datiert auf den 07.03.1942. Zu den Indizien, die auf eine Fälschung hindeuten, gehört unter anderem ein Hoheitsadler mit Hakenkreuz, wie er auf internen Schreiben unüblich war. Auch stimmte die Anrede „verehrter Parteifreund“ nicht und – noch schwerwiegender – die Absenderadresse Bendlerstraße 54, eine Hausnummer, die es nie gab. Interessant ist, daß der damalige Museumsdirektor Armin Wagner und Kurator Magnus Pahl bereits 2015 in der Militärgeschichtlichen Zeitschrift (Band 80, Heft 1) beschrieben, wie mindestens zwei, vermutlich aber mehr als 20 Fälschungen in die Sammlung des MHM gelangten, die Staatsanwaltschaft aber auch für das Jahr 2016 den Erwerb gefälschter Dokumente vermeldet. Aufgefallen waren die Fälschungen dem Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin, Johannes Tuchel. Der hatte sich die in der Dresdner Sonderausstellung „Der Führer Adolf Hitler ist tot“ 2019 die präsentierten Dokumente genauer angesehen. Zwar war auch Pahl aufgefallen, daß Stauffenberg, der als Berufssoldat nicht Mitglied der NSDAP sein durfte, in seinem Schreiben Staatssekretär Landfried, ein ehemaliges Mitglied der nicht mehr existierenden Deutschnationalen Volkspartei, völlig unüblich als „Verehrter Parteigenosse“ anschrieb, hatte aber zu diesem Exponat notiert: „Ob es sich bei der Anrede um ein Mißverständnis oder um eine ironische Anspielung handelte, läßt sich nicht mehr nachvollziehen.“ Tuchel zeigte sich allerdings irritiert und noch von zwei weiteren Details: der nicht existierenden Absender-adresse und dem verwendeten NSDAP-Parteiadler. Eine kriminaltechnische Untersuchung ergab schließlich, daß der Briefkopf nicht gedruckt, sondern mittels eines Kopierverfahrens hergestellt war, das aber erst nach 1945 benutzt wurde. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hat das Museum zumindest 24 Schriftstücke für 14.900 Euro angekauft, bei denen es sich nach bisherigem Ermittlungsstand „mit hoher Wahrscheinlichkeit um Fälschungen“ handelte. Bei Durchsuchungsmaßnahmen am 2. März wurde in Neubrandenburg umfangreiches Beweismittel sichergestellt, darunter sechs alte Schreibmaschinen, alte Tinte, Stempelfarbe, altes Papier, ein Laptop, ein Handy sowie diverse Speichermedien. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, daß die Ermittlungen „noch erhebliche Zeit in Anspruch nehmen“ werden. Offenbar ist man einer Fälscherwerkstatt von früheren Stasi-Mitarbeitern auf die Spur gekommen. (pl)