Düsseldorf oder Hamburg? Bei Peek & Cloppenburg (P&C) wird aktuell viel Wert auf den Unternehmenssitz gelegt. Denn den Modehändler gibt es seit 1911 zweimal, und den Antrag auf ein Schutzschirmverfahren nach Paragraph 270d der Insolvenzordnung haben lediglich die Rheinländer gestellt. In der Elbzentrale, den 21 „P&C*Stores“ in Norddeutschland sowie in Chemnitz und Dresden, den Outlets in Peine und Wandsbek sowie bei der Europa-Tochter Van Graaf scheinen die Zahlen zu stimmen. Aktuell läuft die Eröffnung der „Women Premium“-Fläche in Hamburg-Osdorf. Die Hanseaten schwärmen von der erfolgreichen Entwicklung in den Läden, beim Van-Graaf-Versand, bei den „Retailkonzepten“ im In- und Ausland, die als echtes „Wachstumsfeld“ angepriesen werden.
Kleinlaut ist dagegen die Düsseldorfer P&C KG geworden, die versuchte, die Hamburger zu übernehmen. Erst im Januar ging ein Streit darüber vor Gericht. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens „light“, bei dem die Geschäftsführung zunächst handlungsfähig bleibt, ihr aber ein Sachwalter an die Seite gestellt wird, dürften die Expansionsbestrebungen vorerst ein Ende gefunden haben. Die Corona-Krise hat 2020 und 2021 zu einem Umsatzeinbruch von 30 Prozent geführt, der die Liquidität sehr belastet habe, teilte die Düsseldorfer P&C-Zentrale mit. Sprich: Es wurden Verluste im dreistelligen Millionenbereich gemacht. Aber „unsere Verkaufshäuser bleiben geöffnet“, auch der P&C-Versand sei „natürlich weiterhin Teil des Geschäftsmodells und unverändert erreichbar“, versprach Geschäftsführer Thomas Freude.
Der Ukraine-Krieg und die Inflation hätten ein „maues Konsumverhalten“ der Kunden zur Folge gehabt. Dazu kämen die gestiegenen Energiekosten und Ladenmieten, die nicht mehr finanzierbar seien. Auch online verdiene derzeit „kaum ein Bekleidungshändler Geld, auch P&C nicht“, räumte Manager Freude in der Wirtschaftswoche ein. In Rücksprache mit der Eigentümerfamilie zog er vorige Woche die Notbremse und beantragte beim Landgericht Düsseldorf das Schutzschirmverfahren. Betroffen sind die Düsseldorfer Zentrale sowie 67 Filialen mit insgesamt 6.800 Mitarbeitern. Die Hamburger haben europaweit nur 3.500 Mitarbeiter. Bei der Sanierung ansetzen wollen die Düsseldorfer in ihrer Zentrale, wo ein „nicht unwesentlicher Personalabbau in der Verwaltung inklusive der Führungsebenen notwendig sein wird, da dort die Kosten in den vergangenen Jahren überproportional gewachsen sind“.
„Store first statt online first“ heißt nun die neue P&C-Parole
Ein Drittel der 800 dortigen Beschäftigten muß wohl gehen. Das Schutzschirmverfahren soll bis Jahresende über einen Insolvenzplan abgeschlossen werden. All das ist kein Einzelfall. Im September 2022 mußte der Hamburger Schuhhändler Görtz diesen Schritt gehen. Im Dezember mußten die Schuhhaus-Ketten Salamander und Klauser beim Amtsgericht Wuppertal ein Schutzschirmverfahren beantragen. Die Adler Modemärkte überlebten schon das erste Corona-Jahr nicht: Im Januar 2021 mußte Insolvenz beantragt werden, ein halbes Jahr später übernahm die Zeitfracht-Gruppe die Kette: Aber 40 von einst über 150 deutschen Adler-Filialen mußten schließen. Und „unsere Kunden haben ihre Konsumbremse spürbar wieder etwas gelöst“, freute sich Zeitfracht-Chef Wolfram Simon-Schröter.
Vorsichtige Hoffnung gibt es auch beim Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof. Hier hat das Amtsgericht Essen vor einem Monat ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet, das sich an das bisherige Schutzschirmverfahren anschließt. Offenbar wird der erarbeitete Insolvenzplan sowohl vom Gericht als auch vom vorläufigen Gläubigerausschuß als umsetzbar und zukunftsfähig bewertet – aber 18.000 Mitarbeiter werden es künftig wohl nicht mehr sein. Das Restrukturierungskonzept dürfte auch das P&C-Management interessieren, wenn auch aus anderen Gründen als noch vor Monaten, wo man noch träumte, P&C-Filialen in Galeria-Häusern zu eröffnen.
Bei P&C will man prinzipiell am vorhandenen Filialnetz und dem stationären Einzelhandel festhalten, „Maßnahmen zur erforderlichen Anpassung der Profitabilität und Rahmenbedingungen einzelner Standorte“ würden jedoch geprüft. Der Versand werde allerdings „überdacht und an die gegebenen Umstände angepaßt“ – sprich: Trotz Millioneninvestitionen kann man mit Amazon, Otto, Zalando & Co. nicht mithalten. „Store first statt online first“ heißt nun die neue P&C-Parole. „Das Luxussegment und der Discountbereich funktionieren noch, aber in der Mitte bricht das Geschäft weg“, gestand der P&C-Chef im Handelsblatt ein. Beim Handelsverband Deutschland (HDE) beklagt man, daß die Filialketten 30 Prozent ihrer Standorte aufgegeben haben. Die „Insolvenzrisiken für den Textilhandel steigen“, warnt daher Michael Karrenberg vom Warenkreditversicherer Atradius.
Um die Kunden wieder mehr für die Filialen zu begeistern, die für P&C deutlich profitabler als der Versand sind, wird nun auf den Ausbau des Kundenkartenprogramms „Insider“ gehofft: Es ermögliche, so schwärmt Freude, Stammkunden „gezielt auf bestimmte Events in den Stores hinzuweisen“. Optimistisch klingt auch weiterhin die Mitarbeiteranwerbung: „Wir sind Zahlenjongleure und Trendsetter, Zukunftsgestalter und Wertebewahrer, Konzeptentwickler und Ärmelhochkrempler, Leistungsträger und Teamplayer & so viel mehr.“
Düsseldorfer P&C-Filialen:
Nicht betroffene Hamburger P&C-Filialen: