© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/23 / 10. März 2023

Ein unerreichbarer Traum
Wohneigentum: Der Kauf eines Eigenheimes ist für die Mehrheit der Deutschen keine realistische Option mehr
Stefan Kofner

Vermögen und Wohneigentum gehören zusammen wie Zwillinge. Das Wohneigentum dient der Altersvorsorge, indem es die Menschen im Rentenalter von Mietzahlungen befreit. Es schützt überdies besser vor Inflation als Geldvermögen. Außerdem eignet sich das eigene Haus oder die eigene Wohnung sehr gut für den nachhaltigen, generationenübergreifenden Vermögensaufbau, und es ist der politische Königsweg zur Dekonzentration des Volksvermögens.

Die extreme Vermögenskonzentration in Deutschland ist eine direkte Folge der im internationalen Vergleich äußerst niedrigen Wohneigentumsquote. Das „Mieterland“ Deutschland hat mit 60.800 Euro je Haushalt eines der niedrigsten Medianvermögen in der Eurozone. Das ist weniger als in Slowenien, Portugal und Griechenland. Nur 49,1 Prozent der Bevölkerung leben in selbstgenutzten Immobilien, und damit lag Deutschland 2021 im EU-Vergleich sogar mit deutlichem Abstand auf dem letzten Platz. Damit nicht genug, ist die deutsche Wohneigentumsquote in der Altersgruppe der 25- bis 45jährigen nach den Daten des sozioökonomischen Panels seit 2008 auch noch deutlich gefallen.

Neubaupreise von Wohngebäuden seit 2020 um 30 Prozent gestiegen

Leider sind die Voraussetzungen für einen neuen Anlauf zur Erhöhung der deutschen Wohneigentumsquote zur Zeit sehr schlecht: Im Laufe des Jahres 2022 hat sich die Erschwinglichkeit von Wohneigentum in Deutschland dramatisch verschlechtert. Das ist eine Folge der heftig gestiegenen Preise an den drei vorgelagerten Ressourcenmärkten des Wohnungsmarktes: dem Baumarkt, dem Bodenmarkt und dem Kapitalmarkt.

Die Neubaupreise von Wohngebäuden haben sich seit 2000 mehr als verdoppelt, und allein in den letzten beiden Jahren sind sie um 30 Prozent gestiegen. Auch das Bauland wurde immer teurer. In Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern liegt der durchschnittliche Preis für baureifes Land inzwischen über 1.600 Euro pro Quadratmeter. Und schließlich haben sich die Hypothekenzinsen für zehnjährige Zinsbindungen innerhalb eines Jahres von ein auf vier Prozent vervierfacht. Das bedeutet bei einer Anfangstilgung von zwei Prozent eine doppelt so hohe Annuität. Die Immobilienpreise haben sich dagegen trotz der gestiegenen Zinsen annähernd gehalten. Wir haben jetzt also wieder die Zinsen von 2010, etwa vier Prozent, aber doppelt so hohe Immobilienpreise.

Damit steigen die Eigenkapitalanforderungen und die monatlichen Belastungen, denn die Haushaltsnettoeinkommen haben sich seit 2010 natürlich nicht verdoppelt. Sie sind von 2.922 Euro im Jahr 2010 auf aktuell durchschnittlich etwa 3.800 Euro gestiegen. Bei zwei Prozent Anfangstilgung, vier Prozent Zinsen und 20 Prozent Eigenkapital führte der Kauf eines Hauses für 250.000 Euro im Jahr 2010 somit für den durchschnittlichen Haushalt zu einer Belastung aus dem Darlehen von 34,2 Prozent. Aktuell ist ein vergleichbares Haus doppelt so teuer und die Belastung aus einem Darlehen von 400.000 Euro liegt bei 52,6 Prozent – also völlig außer Reichweite.

Angesichts der aktuellen Konstellation von Immobilienpreisen und Zinsen ist der Kauf eines Eigenheimes bis weit in die Mittelschicht hinein keine realistische Option mehr. Es kommt dafür im wesentlichen nur das Fünftel der Haushalte mit einem Nettoeinkommen über 5.000 Euro in Frage, und in den Metropolregionen reicht auch das nicht aus. In diesem Umfeld hat die Ampelkoalition die Wohneigentumsförderung auf Sparflamme gedreht. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wurde 2022 stufenweise zusammengestrichen. Im Neubau wird jetzt überhaupt nur noch der teure Energieeffizienz-Höchststandard EH40 mit Nachhaltigkeitszertifikat gefördert – und das mit maximal 6.000 Euro pro Wohneinheit.

Das KfW-Wohneigentumsprogramm bietet kaum noch einen Zinsvorteil und außerdem nur kurze Zinsbindungsdauern. Ab Juni kommt dann eine neue KfW-Förderung für Familien mit Kindern, aber nur für zertifizierte Neubauten und nicht für erschwinglichere Käufe aus dem Bestand. Dafür sind jährlich nur 350 Millionen Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds vorgesehen.

Das ist gar kein Vergleich mit dem Volumen früher gewährter Programme wie der Eigenheimzulage oder dem Baukindergeld und in dem aktuellen Umfeld völlig unzureichend. Um die Wohneigentumsquote auch nur zu stabilisieren, müssen die Baupreise, die Bodenpreise, die Transaktionskosten und die Zinsen gleichzeitig sinken.

Das KfW-Wohneigentumsprogramm muß Erschwinglichkeit und nachhaltige Zinssicherheit durch 30jährige volltilgende Festsatzdarlehen mit einem Zinssatz von drei Prozent ermöglichen. Gegen den Eigenkapitalmangel wirkt die Freistellung von der Grunderwerbsteuer durch Freibetragsregelungen in Verbindung mit der gezielten Unterstützung von Schwellenhaushalten durch die soziale Wohnraumförderung. Weitere Entlastungen können hier durch staatliche Bürgschaften oder das Angebot von Hypothekenversicherungen erreicht werden.

Verdichtete Bauweisen, bessere Ausnutzung der Grundstücke

Dabei darf die Eigenverantwortung durch langfristiges Vorsparen nicht vergessen werden. Die Wohnungsbauprämie von derzeit maximal 70 Euro pro Jahr oder 140 Euro für Paare sollte verdoppelt werden. Gleichzeitig sollten die Bausparverträge inflationsfest gestaltet werden. Den hohen Baupreisen kann durch mehr seriellen Neubau und flankierend durch eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer auf Bauleistungen auf 16 Prozent entgegengewirkt werden.

In den Brennpunkten des Wohnungsbedarfs stellt jedoch die Verfügbarkeit von Bauland den entscheidenden Flaschenhals für die Wohneigentumsbildung dar. Die Brach- und Konversionsflächen sind endlich und die Widerstände gegen die Bebauung von Freiflächen und Kleingartenanlagen nicht zu unterschätzen. Alles läuft auf verdichtete Bauweisen, auf eine bessere Ausnutzung der vorhandenen Grundstücksflächen hinaus. Wir sollten uns aber daher keine Illusionen machen. Das freistehende Einfamilienhaus in der Stadt ist bei der herrschenden Bodenknappheit ein Auslaufmodell. Die städtische Wohneigentumsbildung wird ganz überwiegend flächensparend in Form von Eigentumswohnungen oder Reihenhäusern stattfinden müssen. Auch die Mieterprivatisierung öffentlicher Wohnungen kann einen Beitrag leisten.

Bundesförderung für effiziente Gebäude:

 www.bafa.de

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