© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/23 / 10. März 2023

Schuß ins Knie der Woche
„Wie die Taliban“
Christian Vollradt

Politischer Aktivismus lebt von Bildern und Emotionen. Wer jenseits argumentativer Überzeugungsarbeit oder parlamentarischer Mehrheiten die Leute für seine Sache gewinnen will, muß also die richtige Bildsprache wählen und positive Gefühle für seine Positionen erzeugen. Haut man auch nur einmal daneben, kann das den gesamten Kampf fürs Gute versauen. Wer beispielsweise gegen das Robbenschlachten, Nerzfarmen oder Tanzbär-Quälerei zu Felde zieht, sollte nicht die Kuscheltier-Ecke eines Kindergartens verwüsten. Die Tränchen der Kleinen wären schlecht fürs Image – versprochen. Dieses kleine Einmaleins des – neudeutsch – Campaignings vorausgesetzt, könnte man die folgende Frage wahrscheinlich rasch beantworten. Ist es sinnvoll, als deutscher Teil der Klimaschutzbewegung die Leute aufzurütteln, indem man ein Kunstwerk beschmiert, das a) den Text der 19 Grundrechtsartikel des Grundgesetzes enthält und b) von einem israelischen Künstler stammt? Wer nicht mit dem sprichwörtlichen Klammerbeutel gepudert wurde, dürfte sich ziemlich schnell für die Antwort „nein!“ entscheiden. Nicht so die Vertreter der „Letzten Generation“, die ihrem Namen nun wirklich alle Ehre machten. Sie kippten schwarze Farbe über die gläsernen Tafeln, die in der Nähe des Reichstags stehen, und bappten ihre Plakate gegen fossile Brennstoffe darauf. Die Resonanz war selbst unter denen, die dem Anliegen dieser Ultragrünen positiv gegenüberstehen, gelinde gesagt vernichtend. „Das empört mich und dafür fehlt mir jedes Verständnis“, so die Reaktion des zweithöchsten Amtsträgers im Staate, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD). Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (ebenfalls SPD), nannte die Tat „billig und würdelos“ und bescheinigte den Aktivisten, sie handelten mit der Attacke auf ein Kunstwerk „ähnlich wie die Taliban“.