Verschwendungssucht ist es nicht gerade, was man mit den Schwaben assoziiert. Daß das Umweltministerium in Stuttgart seit 2018 rund zehn Millionen Euro ausgegeben hat, um Nutztiere vor Übergriffen durch Wölfe zu sichern und daß diese Kosten dann auch noch ihren Zweck offenbar nicht vollständig erfüllten, dürfte die Steuerzahler im Land der Sparsamkeit besonders schmerzen. Denn nicht nur kleinere Schafe, sondern auch schon elf Rinder wurden laut offizieller Zählung der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg bisher von Wölfen in Baden-Württemberg angegriffen; für acht dieser größeren Weidetiere endeten die Attacken tödlich.
Erst kürzlich wurde in der Gemeinde Schluchsee ein zerfleischtes Rind aufgefunden. Dringend tatverdächtig: Isegrim. „Die genetische Abstrichprobe an den Fraßspuren konnte einen Wolf mit dem Haplotyp HW02 nachweisen“, teilte das Umweltminiserium mit. Die Gemeinde liegt im sogenannten „Fördergebiet Wolfsprävention Schwarzwald“. Die Wildtier-Genetiker stellten Übereinstimmungen mit dem am Schluchsee „territorialen Wolfsrüden GW1129m“ fest.
Einer der davon ein Lied singen kann, ist Markus Kaiser. Der Bio-Bauer aus dem Landkreis Waldshut im Schwarzwald mußte im vergangenen Jahr eines seiner Rinder auf der Weide erschießen, um es von seinen Qualen zu erlösen. Denn nach einem Wolfsangriff war dem Tier das Hinterteil abgerissen, worden, dennoch lebte es noch. „Ich bin an meine Grenzen gekommen. Diesen Schmerz halte ich nicht dauerhaft aus“, bekannte der Landwirt in den Stuttgarter Nachrichten. Sechs seiner 250 Rinder seien vergangenes Jahr Opfer des Wolfs geworden. „Die Rinderhalter sind nervös, die Mehrheit redet vom Aufhören, wenn der Wolf kommt“, schilderte Kaiser, im Ehrenamt auch Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft Schwarzwald Bio-Weiderind, die Stimmung unter seinen Kollegen. Mit Sorge blicken sie auf die beginnende Saison Ende kommenden Monats, wenn sie ihr Vieh nach dem Winter wieder hinaus ins Grüne bringen. Bis dahin müssen sie ihre Weiden so „wolfssicher“ wie möglich machen.
Mittlerweile soll es in der Frage von Wolf oder Weidetier auch Verstimmungen zwischen dem Umweltministerium von Thekla Walker (Grüne) und Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) geben, der monierte: „Immer nur die Maßnahmen für Herdenschutz vorzuschieben reicht nicht mehr aus.“ Deutlichere Kritik gibt es von der Opposition: „Die Landesregierung hat sich einseitig auf den Schutz des Wolfes konzentriert. Der Wolf ist aber nicht vom Aussterben bedroht, dafür bald die Weidetierhaltung“, warnt der FDP-Landtagsabgeordnete Klaus Hoher. Auch der jagdpolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion, Udo Stein, kritisierte die Herdenschutz-Maßnahmen als „nicht zielführend“. Er forderte, die Wölfe aus dem strengen Schutzstatus zu entlassen, so daß sie auch gejagt werden können.
Unterdessen ist noch etwas Neues in Sachen Raubtierpopulation aus dem Südwesten der Republik zu vermelden: Die Goldschakale, die „kleinen Brüder“ des Wolfes, die 2018 erstmals in Baden-Württemberg nachgewiesen wurden, haben mittlerweile Nachwuchs.