Die Bahn kommt – das ist der cleverste Werbespruch der Neuzeit. Perfide suggeriert er sowohl Wahrscheinlichkeiten als auch zarte Hoffnungen. Und dem unbedacht Reisenden wird erst mit jahrelanger Verspätung klar, daß er Teil einer bundesdeutschen Neuinterpretation von „Warten auf Godot“ geworden ist, weil weder Stunde noch Tag, geschweige denn Jahr dieses Kommens sicher sind.
Englische Buchmacher haben zwischenzeitlich die Ankunft des Messias als wahrscheinlicher eingestuft als das Eintreffen des RE7 in Köln. Ich selbst habe mich nach dem letzten 12-Stunden-Trip über 500 Kilometer Luftlinie inklusive Bombenräumung, Stellwerksausfall im Ruhrgebiet und Rauswurf im Niemandsland einer Selbsthilfegruppe angeschlossen. Wir tauschen Packlisten und trainieren den Ausfall von Türanlagen, Heizung, Toiletten und Bordrestaurant in Echtzeit, aber auch, wie man Essens- und Getränkevorräte übergriffigen Mitreisenden gegenüber verschleiert.
Ich las nun, die vom Bund angeregte Bahn-Pünktlichkeitsoffensive „Deutschlandtakt 2030“ käme nun leider doch erst 2070 zum Tragen. Ich rege deswegen an, die Familienabteile zu mobilen Geburtsstationen auszubauen. Spontane Zeugung im leeren Bordbistro und Niederkunft der Frau könnten damit zwischen Kleve und Erfurt auf einer einzigen Fahrt bewältigt werden. Geburtsort: ICE. Deutschlands Zukunft.