Globalgeschichte 4.0. Für die Botschaft, die der emeritierte Chicagoer Globalhistoriker Dipesh Chakrabarty auf gut 400 Seiten verkündet, benötigte der jüdische Philosoph Baruch de Spinoza (1632–1677) nur eine knappe Formel: „sub specie aeternitatis“. Um seiner Seelenruhe willen, tue der Weise gut daran, sich von der trügerischen Vielfalt des Diesseits abzuwenden und sein Denken und Handeln „unter dem Gesichtspunkt der Ewigkeit“ auszurichten. Angesichts der nahenden Klimakatastrophe, im beginnenden sechsten Massensterben tierischer und pflanzlicher Arten, die für Chakrabarty auf einen „Planetozid“ vorausweisen, sollte die Menschheit einen ähnlich revolutionären Perspektivenwechsel vollziehen. Weg von der welthistorischen Zeit der Menschheit hin zur geobiologischen Zeit der Geschichte des Planeten. Die Neuorientierung an den „gewaltigen Maßstäben der Geobiologie“, so hofft der Augustinus wie Carl Schmitt und Martin Heidegger virtuos zitierende Autor, werde einen Bewußtseinswandel in der Mensch-Natur-Beziehung anstoßen, der das Erdsystem vor dem Kollaps und die Menschheit vor der Gefahr einer „Rebarbarisierung“ bewahren könnte, in die der die Grenzen des Wachstums schon lange ignorierende „Spätkapitalismus“ sie bringe. (wm)
Dipesh Chakrabarty: Das Klima der Geschichte im planetarischen Zeitalter. Suhrkamp Verlag, Berlin 2022, gebunden, 444 Seiten, 32 Euro
Australien. Von Alaska über Usbekistan, die Karibik, Thailand oder das Herz Afrikas hat Reiseschriftstellers Ludwig Witzani bisher viele Weltregionen publizistisch aufbereitet. Die andere Seite des Globus hat er dabei zuletzt besonders in den Fokus genommen. Nach der Inselwelt Indonesiens oder der Südsee stellt Witzani nun den fünften Kontinent in Gestalt dreier Reisen vor, die diesen viel facettenreicher darstellen, als es von Europa aus den Anschein hat. Er beginnt mit der typischen „roten“ Einsteigerreise, also mit klassischen touristischen Zielen von Sydney, über den Ayers Rock und den Kakadu-Nationalpark im tropischen Norden. Die zweite, die „blaue“ Reise führt den Leser von Tasmanien und der Great Ocean Road die gesamte pazifische Küste entlang bis zum Cape Tribulation im Norden Queenslands. Mit der dritten Reise, einer Tour von Perth nach Darwin durch West- und Nordwestaustralien, präsentiert Witzani die rauhe, unwirtliche, aber um so faszinierendere Seite von Down Under. Die „rote“, die „blaue“ und die „gelbe“ Reise ergeben insgesamt ein abgerundetes Portrait. Zahlreiche landeskundliche und geschichtliche Exkurse und Begegnungen mit Einheimischen runden das Buch ab. (bä)
Ludwig Witzani: Australien. Drei Reisen zu den Antipoden. Epubli Verlag, Berlin 2023, broschiert, 356 Seiten, Abbildungen, 16,99 Euro