© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/23 / 03. März 2023

Die Translobby macht mobil
„New York Times“: Kritische Stimmen sollen mundtot gemacht werden. Aber die Lobby erleidet auch schwere Rückschläge
Julian Schneider

In dieser Auseinandersetzung geht es exemplarisch um die Frage, ob es künftig noch Pressefreiheit zum Thema Transgender gibt. Diese ist akut gefährdet. Sogar die New York Times, das linksliberale Leitmedium der USA, wird derzeit von der LGBT-Lobby unter Druck gesetzt. Mehr als tausend Mitarbeiter der NYT, zumeist freie Autoren, haben der Zeitung in einem offenen Brief eine „vorurteilsbehaftete Berichterstattung über Transgender, nicht-binäre und gender-nichtkonforme Menschen“ vorgeworfen. Sie stoßen sich daran, daß die Zeitung mehrere Artikel über die Frage veröffentlicht hat, ob medizinische Geschlechtsumwandlungen bei Kindern angemessen sind. Mehrere Journalisten, die eher kritische Texte schrieben, nennen sie namentlich. Ihre Artikel seien „pseudowissenschaftlich“ gewesen, Berichte über Transgender-Kinder hätten wichtige Informationen unterschlagen.

Die Chefredaktion hält dem Druck bislang stand 

Die Unterzeichner werfen ausgerechnet der linksliberalen NYT vor, „Haßgruppen von Rechtsaußen zu folgen“. Zeitgleich mit diesem offenen Brief der Mitarbeiter und damit abgestimmt erreichte die Chefredaktion der New York Times ein Schreiben der LGBT-Lobbyorganisation GLAAD (Gay and Lesbian Alliance Against Defamation), die den Transgender-Berichten der NYT eine Mischung aus „Lügen, Vorurteilen und gefährlicher Ungenauigkeit“ vorwirft – ähnlich wie in Artikeln über die Schwulenbewegung in den 1960er Jahren. Dieses Protestschreiben haben mehr als 23.000 Menschen, darunter angeblich viele NYT-Abonnenten, unterzeichnet.

Nun brennt es in der New Yorker Redaktion. Bemerkenswert ist, daß die Chefredaktion dem Druck bislang standgehalten hat – zumindest nach außen wird dies so kommuniziert. NYT-Chefredakteur Joe Kahn antwortete, Kollegen öffentlich an den Pranger zu stellen sei ein Verstoß gegen den internen Ethik-Kodex. Die Zeitung kann sich ein paar Abo-Kündigungen leisten, immerhin hat sie 9,5 Millionen, vor allem Digital-Abonnenten. Würde die NYT einknicken, hätte dies eine fatale Signalwirkung. Es wäre der nächste prominente Fall von Cancel Culture gewesen.

Die Translobby will keine „ausgewogenen“ Artikel mit Stellungnahmen von Befürwortern und Kritikern der inzwischen immer zahlreicheren Gender-Umwandlungen von Kindern mittels Pubertätsblockern, Hormonen und chirurgischen Eingriffen. Die Translobby will, daß Kritiker mundtot gemacht werden. Sogar eine relativ vorsichtige Darstellung der Risiken und Nebenwirkungen von Geschlechtsumwandlungen, wie sie in der NYT gelegentlich zu lesen war, soll zum Schweigen gebracht werden.

Schon seit längerem wird der im amerikanischen liberalen Bürgertum tonangebenden New York Times eine Verengung ihres Blickwinkels, zunehmende Linkslastigkeit und Einseitigkeit vorgeworfen. Deshalb reichte die Meinungsseitenredakteurin Bari Weiss vor zwei Jahren ihren Rücktritt ein. In den Transfragen läßt das Blatt immerhin noch teilweise kontroverse Meinungen zu.

Diesseits des Atlantiks tobt die Transgender-Debatte derzeit wohl nirgends so scharf wie in England und Schottland. Auch auf der britischen Insel übt die Translobby mit verschiedenen Methoden Druck aus, etwa beim Guardian und dem Schwesterblatt The Observer, wo genderkritische Journalistinnen so lange gemobbt wurden, bis sie kündigten.

Immerhin hat die Trans-Lobby auch Rückschläge zu verzeichnen. Ein unbeliebtes schottisches Transgender-Gesetz trug zum Sturz der Ministerpräsidentin bei. Und in London wurde gerade die umstrittene Tavistock-Genderklinik geschlossen, an der mehrere tausend Kinder und Jugendliche nach oberflächlicher Beratung auf das Trans-Gleis mit Pubertätsblockern und Hormonbehandlungen gesetzt wurden. Die Zahl der jugendlichen Transgender-Patienten stieg innerhalb eines Jahrzehnts um dreitausend Prozent, bis ein verheerender Evaluationsbericht das Ende der Klinik einleitete. „Tavistock“ steht heute in Großbritannien für einen nationalen Skandal.

Es ist Aufgabe aufgeweckt-kritischer Medien, die dunkle Seite des LGBT-Regenbogens auszuleuchten. Genau dies will die Translobby vermeiden.