Über Frankreichs Leinwände jagen seit Anfang Februar zwei weltbekannte Gallier. Die viel beworbene französische Komödie „Asterix und Obelix im Reich der Mitte“ füllt mal wieder zuverlässig die Sitzreihen der Kinosäle. Während eines Themenabends anläßlich des Filmstarts wurde die Kult-Comicserie sogar als Weltkulturerbe bezeichnet, auf das die Franzosen mit Stolz blicken könnten. Verwunderlich ist dies sicherlich nicht, verkörpern die Gallier doch das, was alle Franzosen miteinander verbindet: ihre Mentalität. Wenn auch getrieben von Undiszipliniertheit, Aufbegehren gegen jegliche etablierte Ordnung sowie Rauflust, erweisen sich die chronischen Nörgler als solidarisch und genießerisch. Das Überqueren der roten Fußgängerampel findet gemeinsam statt, genauso wie das Drängeln bei Einlaß zum japanischen Flohmarkt nach zweistündiger Wartezeit. Tatsächlich gibt es kein Gesetz ohne seine Ausnahmeregeln, die zum behaglichen Laisser-faire führen. Wir sind eben anders.
Die Gallier hören eben nicht auf, ihre Prinzipien zu verteidigen – vom Wildschwein-braten einmal abgesehen.
Die Widerstandshaltung der Gallier leben die Franzosen bis dato vor allem in ihrem Volkssport aus, dem Streik. So zum Beispiel Ende vergangenen Jahres, als mehrere Ölraffinerien Gehaltserhöhungen forderten und Frankreich dem Benzinrausch verfiel. Aktuell nun aufgrund der neuen Rentenreform, der zufolge das Rentenalter von 62 als 64 Jahre heraufgesetzt werden soll. Seit Wochen wiederholen sich Nationalstreiks, die insbesondere den Fern- sowie Nahverkehr einschränken.
Wann das Haus noch zu verlassen ist und Nebentätigkeiten wie Arbeiten und Einkaufen nachgegangen werden kann, lese ich mitunter auf der Webseite www.cestlagreve.fr („Es herrscht Streik“) nach. Dort sind zur besseren Orientierung alle Streiks aufgelistet. Anfang März steht bereits der nächste Termin fest. Da rufen die „Müllmänner und die Beschäftigten in der gesamten Abfallbranche“ zum verlängerbaren Streik auf. Die unbeugsamen Gallier hören eben nicht auf, Widerstand zu leisten, um ihre Prinzipien zu verteidigen, zu denen vom Wildschweinbraten einmal abgesehen ein Leben in Unbekümmertheit gehört. Ave, Macron!
„Die spinnen, die Franzosen“, muß die chinesische Regierung gedacht haben, als sie die Dreharbeiten des neuen Asterix und Obelix in China verweigerte. Der Gedanke einer römischen Invasion habe sie wenig überzeugt, wie Regisseur Guillaume Canet in einem TV-Interview belächelte. Darum wurde der Spielfilm dort gedreht, wo sich die Gallier am wohlsten fühlen. In Gallien. Dabei liegt zum ersten Mal eine gänzlich frei erfundene Geschichte vor, denn der Autor René Goscinny und der Zeichner Albert Uderzo hatten nie einen Band mit Handlung in China verfaßt. Filmstart der Komödie in Deutschland ist der 18. Mai 2023.