Der Gerhard-Hess-Verlag hat ein kleines Buch von Tsogbadrakh Bayanjav publiziert. 1958 geboren, hatte der Autor seine Jugend in Ost-Berlin verbracht, sein Vater war dort als Diplomat der Mongolei tätig. Bayanjav beobachtet aufmerksam die Entwicklungen in Europa, aber auch in seinem Herkunftsland, wo er die Umbrüche des einst sozialistischen Landes schildert. Im Zentrum seiner Beobachtungen steht die Einwanderungspolitik der deutschen Regierung. Wie der Titel des Buches bereits zeigt, sieht er unterschiedliche Voraussetzungen bei den Einwanderern selbst. Er beginnt mit der Geschichte seines Vaters, ein politisch Verfolgter, also ein Asylant im herkömmlichen Sinn, und vergleicht diesen mit den Umständen heutiger Asylanwärter. Politische Verfolgung spielt bei jenen in den wenigsten Fällen eine Rolle. Zu ihren Asylbegehren führen heute ganz andere Motive, Bayanjav bezeichnet sie deshalb als „falsche“ Asylanten.
Die Geschichte von Bayanjavs Vaters, dem „echten“ Asylanten, beginnt im Japanisch-Chinesischen Krieg, 1941 auf dem Gebiet der inneren Mongolei. Er war dort in einem kleineren Ort als Lehrer an einer Grundschule beschäftigt. Eines Tages tauchten zwei Soldaten in chinesischen Uniformen auf und nahmen ihn ohne Begründung zu einem Verhör mit. Man beschuldigte ihn, antikommunistische Propaganda betrieben zu haben. Es begann ein Leidensweg durch mehrere chinesische Gefängnisse. Nachdem die Angriffe der Japaner immer heftiger wurden, rekrutierten die Chinesen sogenannte mongolische Strafbataillone, die man in vorderster Linie als Kanonenfutter einsetzte.
Viele Mongolen locken heute nur wirtschaftliche Gründe
Bayanjav senior gelang schließlich nach einem verwirrenden Gefecht die Flucht. In einer langen beschwerlichen Reise erreichte er endlich Ulan-Bator, die Hauptstadt der Mongolei. Dort ließ er sich nieder und fand einen Weg über den diplomatischen Dienst und den Außenhandel in die DDR, wo sein SohnTsogbadrakh geboren wurde und später ein Studium abschließen konnte. Nach 1990 befand sich plötzlich die ganze Familie in der Bundesrepublik Deutschland, wo sie quasi als Einwanderer zählten. Für alle stand nie außer Frage, daß sie für ihr Leben selbst sorgen müssen und dies auch können. Für Bayanjav der Grund, seine Familie als „echte“ Asylanten zu bezeichnen, obwohl nie ein Asylantrag gestellt wurde. Mit dem Zusammenbruch des Sozialismus haben sich auch die Gründe für das Bestreben eines Asylanspruchs geändert. Der Autor beschreibt die Verhältnisse in dem Land seiner Wurzeln, der Mongolei, das inzwischen eine demokratische, rechtsstaatliche Republik geworden ist und als sicherer Drittstaat eingestuft wird. Dennoch wollen viele ihre Heimat verlassen, weil die wirtschaftliche Lage den Einwohnern weiterhin Entbehrungen abverlangt. Viele Mongolen suchten ihr Heil in Südkorea, wo sie oft nur schlecht bezahlte Arbeitsstellen finden konnten und von Einheimischen gemieden werden. Aber auch Deutschland ist ein erstrebtes Ziel für viele Mongolen. Zusammen mit anderen Zuwanderern verfügen aber auch sie nicht über die notwendigen beruflichen Kenntnisse, um in Deutschland erfolgreich den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Bayanjav bezeichnet sie deshalb als „falsche“ Asylanten. Hinzu kommt, daß sie wenig Integrationsbereitschaft zeigen. Ein Umstand, der von den Deuschen leider nicht erkannt wird. Er beklagt, daß die Folgen der falschen Politik nicht gesehen werden, die Thesen aus Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“ kann er nur unterstützen.
Tsogbadrakh Bayanjav: Von echten und falschen Asylanten. An- und Einsichten eines mongolischen Weltbürgers zu Krieg, Flucht und … Thilo Sarrazin. Gerhard Hess Verlag, Bad Schussenried 2022, broschiert, 128 Seiten, 16,80 Euro