© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 8/23 / 15. Februar 2023

Dänemark stoppt Windparkprojekte in Nord- und Ostsee
Unerlaubte Beihilfen
Marc Schmidt

Robert Habeck will die Windenergiekapazität bis 2030 verdoppeln. Aber für den notwendigen Bau mehrerer Anlagen täglich fehlt es an Flächen, Windrädern, Bauarbeitern und Genehmigungen. Daher interessiert sich der grüne Minister für die schnelleren Verfahren in Dänemark. Doch deren Tage könnten gezählt sein. Seit Jahrzehnten ist es dort möglich, Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee zu errichten. Hierfür gewinnt ein Unternehmen entweder eine Ausschreibung für den Standort in dänischen Gewässern oder es reicht im Open-Door-Verfahren unaufgefordert eine Entwicklungsplanung mit Vollkostenkalkulation ein. In diesem Fall überläßt das Königreich der Firma seine Meeresfläche kostenlos und trägt Teile der Kosten der landseitigen Netzanbindung.

Das Vergabeverfahren hat die dänische Regierung unlängst geändert, um mehr Einnahmen zu erzielen. Bei der Ausschreibung des Windparks „Thor“ mit 5,2 Gigawatt (GW) potentieller Leistung, die RWE gewann, verwendete die dänische Energieagentur erstmals Verträge, die die Betreiber zu Gebühren von 375 Millionen Euro zwingt. Wäre die Vergabe via „Open Door“ erfolgt, würden dem deutschen Unternehmen weniger Kosten entstehen. Das Verfahren könnte also aus EU- und Wettbewerbssicht eine unerlaubte Beihilfe oder Subvention der jeweiligen Antragsteller durch Verzicht auf Einnahmen bei der staatlichen Vergabe sein. Wie ernst das Problem ist, zeigt die Tatsache, daß das Energieministerium von Lars Aagaard Møller Windparks, die im Open-Door-Verfahren angemeldet und kurz vor der Realisierung stehen, vollständig bis zur Klärung des Sachverhalts durch die EU gestoppt hat.

Für die Betreiber, die mit den Parks 15 GW potentielle Leistung aufbauen wollten, ist dies ein wirtschaftlicher Tiefschlag. Denn angesichts inzwischen steigender Zinsen sind Verzögerungen Gift für Finanzierungen und bei der Investorengewinnung. Als Folge könnte sich die ohnehin bereits verschobene Stillegung des letzten Kohlekraftwerks im jütländischen Esberg über den Sommer 2024 hinaus verschieben. Dies wäre auch ein Gewinn für die gefährdete Stromnetzstabilität in Schleswig-Holstein – nach Abschaltung der norddeutschen Atom- und Kohlekraftwerke gibt es dort kaum Regulierungskapazitäten zum Ausgleich des schwankenden Wind- und Sonnenstroms.