Das Programm „Prevent“ zur Verhinderung terroristischer Taten in Großbritannien versagt, weil es die Bedeutung islamistischer Ideologie verkannt hat. Zu diesem Schluß kommt ein Untersuchungsbericht im Auftrag des Innenministeriums. Die Reaktionen waren bezeichnend. Die linke Menschenrechtsorganisation Amnesty International rief reflexhaft, der Bericht beruhe auf „anti-muslimischen Vorurteilen“. Auch aus der Szene der islamischen Verbände war lautes Wehklagen zu hören. Sie fühlen sich durch das Programm schon lange gestört.
Innenministerin Suella Braverman hingegen nimmt die Empfehlungen des Berichts ernst. Die Prevent-Verantwortlichen hätten sich gescheut, Islamismus ins Auge zu fassen, weil sie den Vorwurf der „Islamophobie“ fürchteten. Das Ziel des Programms sollte „einzig die Sicherheit sein, nicht die Politische Korrektheit“, so die konservative Politikerin.
Das Extremismus-Programm blickt lieber nur nach rechts
Das im Jahr 2003 begonnene Präventionsprogramm soll, wenn zu einer Person Hinweise auf eine extremistische Einstellung eingehen, Gespräche führen und das Gefahrenpotential ermitteln. Tatsächlich ist die Erfolgsbilanz äußerst schwach. Sieben von dreizehn Terroristen der vergangenen sechs Jahre waren dem Programm bekannt und konnten trotzdem zuschlagen. Etwa der somalischstämmige Islamist Ali Harbi Ali, der im Oktober 2021 den konservativen Unterhausabgeordneten David Ames mit einem Messer kaltblütig abschlachtete. Oder Usman Khan, der pakistanisch-britische Terrorist, der 2019 in der Fishmongers’ Hall und auf der London Bridge zwei Menschen umbrachte.
Zuvor war Khan schon wegen eines geplanten Bombenattentats verurteilt gewesen, aber frühzeitig aus der Haft entlassen worden. Prevent hatte sein Gefahrenpotential falsch eingeschätzt. Auch ein schwarzer Islamist und ein weißer Konvertit im Hochsicherheitsgefängnis Whitemoor, die 2020 einen Wächter unter „Allahu Akbar“-Rufen zu töten versuchten, waren im „Prevent“-Programm.
Der Autor des kritischen Berichts, William Shawcross, verweist zudem auf eine seltsame politische Schieflage des Programms. Während es politischen Islamismus eher unterschätze, würde es auf der politischen Rechten teils übertrieben reagieren. So seien sogar „leicht umstrittene oder provokative Formen von mainstreamigen, rechtsgerichteten Kommentaren ohne jeden Zusammenhang mit Terrorismus“ im Antiterrorprogramm registriert worden und sogar ein früherer Tory-Minister, weil er rechtsgerichtete Sympathisanten habe und den Brexit unterstützte.
Im Jahr 2021 wurden fast 5.000 Fälle an das Prevent-Programm verwiesen, meist nach Hinweisen von Lehrern, Nachbarn oder der Polizei. Ursprünglich sollten im Shawcross-Bericht auch einige muslimische Organisationen namentlich genannt werden, die Verbindungen zu radikalen Gruppen haben oder diese fördern.
Dies rief wütende Alarmschreie hervor. Miqdaad Versi, Sprecher des Muslim Council of Britain, warnte vor einer Schwarzen Liste im McCarthy-Stil. Mit dem üblichen Klagelied über Islamophobie versucht diese Organisation seit Jahren eine kritische Diskussion unter der Decke zu halten.