© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 8/23 / 15. Februar 2023

Die Kinder schützen
Italien: Die christliche Initiative „Pro Vita & Famiglia Onlus“ geht in die Offensive
Fabio Collovati

Knapp ein halbes Jahr nach dem Wahlsieg der italienischen Rechten sehen sich die Lebensschützer im Aufwind. Zwei Initiativen sorgten in den vergangenen Tagen für Aufsehen. Zum einen trat in der nördlichen Landesprovinz Trentino die christliche Initiative Pro Vita & Famiglia oOlus gemeinsam mit Vertretern der Regierungsparteien Fratelli d’Italia (FdI) und Lega auf und präsentierten eine Gesetzesinitiative. Zum anderen trat der FdI-Senator Lucio Malan gemeinsam mit der Unterstaatssekretärin Isabella Rauti ebenfalls mit „Pro Vita“-Aktivisten an die Öffentlichkeit, um einen Gesetzentwurf gegen die Leihmutterschaft im Ausland zu präsentieren. 

In der im Trient präsentierten Initiative geht es darum, frühsexuelle Indoktrinationen an Schulen zu verhindern.  Die soll mittels Gesetz für die „Bildungsfreiheit“ geschehen. Das Gesetz, für das fast 6.000 Unterschriften gesammelt wurden, zielt darauf ab, „nein“ zu sagen zu „sexueller Fluidität in Schulen aller Stufen“. 

Die „Pro Vita“-Organisationen verfügen in Italien über relativ großen politischen Einfluß. Sie hat landesweit mehr als 50 sogenannte Unterstürzter-Clubs und erklärt von christlichen Prinzipien inspiriert zu sein und sich für den Aufbau einer Gesellschaft einzusetzen, „die auf den Werten des Lebens und der Familie basiert, gegen die Kultur des Todes und gleichzeitig die Förderung  der natürlichen Familie, die auf der Ehe zwischen Mann und Frau beruht“. Darüber hinaus engagiert sie sich gegen „Gender-Propaganda“ und hat eine Kampagne zur Einschränkung des Einsatzes der Abtreibungspille gestartet. 

Die üblichen Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. „Hinter diesem Vorschlag verbirgt sich ein Versuch, die LGBTQ-Community und die sogenannten Gender-Kurse zu diskreditieren, die die Kultur der Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern fördern“, schrieb die linksliberale Tageszeitung Il Dolomiti und zog Parallelen zu Gesellschaftsstrukturen in Rußland und Ungarn. 

Und das brachte die politischen Gegner mächtig in Wallung: „Sie wollen verhindern, daß in Schulen über die sexuelle Identität gesprochen wird“, erklärte der grüne Provinzrat Paolo Zanella: „Mit dieser Bestimmung sollen wir das Trentino mit Putins Rußland und Orbáns Ungarn in Einklang bringen. Es ist doch Pro Vita selbst, die junge Menschen in stereotype und anachronistische Modelle indoktrinieren und einsperren will. Wir werden nicht zulassen, daß das Trentino das einzige Gebiet in Italien wird, in dem Jungen und Mädchen mit einer sexuellen Minderheitsidentität per Gesetz unterdrückt und ausgegrenzt werden. Wir sprechen von Menschen, von jungen Menschen, die das Recht haben, ihr eigenes Glück zu verwirklichen, und die wir nicht der Gnade der reaktionären Rechten überlassen werden“, sagte Zanella, der dem Vorstand der homosexuellen Lobbygruppe „Futura“ angehört. 

„Die Sklaverei der Mütter bekämpfen“

Neben der Debatte um den Sexualunterricht an Schulen sorgte auch die Diskussion um die Leihmutterschaft für Aufregung. Diese ist in Italien grundsätzlich unter Strafe gestellt. Allerdings erklärten in der Vergangenheit mehrere italienische Gerichte, Leihmutterschaften, die im Ausland eingegangen wurden, für rechtens. „Das ist ein Unding“, sagte FdI-Senator Lucio Malan und zog einen Vergleich mit der Genitalverstümmelung. „Was im Ausland rechtens ist, muß in Italien nicht rechtens sein.“ In einer durchaus polarisierenden Rede erklärte der Fraktionsvorsitzende der „Brüder Italiens“ im Senat: „„Niemand will Rechte wegnehmen, im Gegenteil, wir wollen den Kindern Rechte geben: Wenn der Käufer dem Kind eine echte Mutter und einen echten Vater genommen hat und jemand sich um das Kind kümmern will, ist es nicht so, daß die Kinder dafür den Titel der Eltern erhalten müssen. Onkel, Großeltern, Freunde, Kindermädchen kümmern sich oft um die Kinder, aber dadurch erwerben sie nicht den Titel eines Elternteils“.“ 

Den Kritikern seiner Gesetzesinitiative hielt Malan entgegen: „Seien Sie konsequent: fordern Sie ausdrücklich den Handel mit Kindern in Italien, vielleicht sogar die Einführung einer Mehrwertsteuer auf sie“.