Unbekümmert Fasching feiern, endlich einmal die Sau rauslassen – das ist vielleicht in Nordrhein-Westfalen möglich, nicht aber im Nachbarland Rheinland-Pfalz, zumindest nicht überall. Denn dort wurden mehrere Karnevals- und Fastnachtsumzüge abgesagt. Die Büttenreden gab es trotzdem, im Fernsehen, in den Rathäusern und im Landesparlament, wo sich Innenminister Michael Ebling (SPD) im Streit um die von ihm zu verantwortenden verschärften Sicherheitsmaßnahmen gegen „Mucker und Philister“ zu wehren versuchte.
Das neue Polizeigesetz des Landes ist offenbar geeignet, die Tradition der Straßenfastnacht zu brechen. Tatsächlich dürfte der Gesetzgeber ursprünglich weniger die Karnevalsvereine im Blick gehabt haben, sondern regierungskritische Demonstrationen und Kundgebungen zu Zeiten der Corona-Pandemie. Paragraph 26 des 2021 reformierten Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) regelt die „Gefahrenvorsorge und Gefahrenabwehr von Veranstaltungen unter freiem Himmel“ und legt unter anderem fest, daß Mitarbeiter eines gewerblichen Bewachungsunternehmens zu beauftragen sind und auch bei Veranstaltungen mit weniger als 5.000 Besuchern ein Sicherheitskonzept vorzulegen ist. Und zu den Gefahren, die von Veranstaltungen ausgehen können, zählt die Mainzer Regierung schon dichtes Gedränge und erhöhten Alkoholkonsum.
Ein weiterer Stein des Anstoßes: „Das POG überträgt die Verantwortung auf die Kommunen, und die an die Vereine – und den Letzten beißen bekanntlich die Hunde“, sprach Joachim Streit, Fraktionschef der Freien Wähler im Mainzer Landtag Klartext: „Man hat den Bürgermeistern Angst gemacht, Angst vor der Verantwortung.“ Und die Vereine können die geforderten Sicherheitsauflagen finanziell, materiell und personell nicht erfüllen.
„Mit den teilweise völlig überzogenen Auflagen werden Karneval und Brauchtum mutwillig zerstört“, so Hans Mayer, Präsident der Rheinischen Karnevals Korporationen (RKK). „Es darf nicht sein, daß prägende Bestandteile unserer heimischen Kultur wegbrechen, sagt Dirk Herber, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Die geforderten Sicherheitskonzepte seien „der Tod der Straßenfastnacht mit dem traditionellen Umzug“, sekundierte Gerald Bleimaier, Vorsitzender der südpfälzischen Karnevalgesellschaft Bellheim, wo der Umzug am Sonntag vor Fastnacht seit 1959 Tradition ist.
Für dieses Jahr wurde der Umzug abgesagt, ebenso in Orten wie beispielsweise Frankenthal. Immerhin Koblenz, Trier und Neuwied halten an der Tradition fest und stemmen die Fastnachtsumzüge. Auch in Alzey findet der Fastnachtsumzug wie geplant am Sonntag statt. Und natürlich wird es in der Fastnachtshauptstadt Mainz den Rosenmontagsumzug geben, auch wenn die Kosten für die Sicherheit auf bis zu 200.000 Euro geklettert sind. 2015 bezahlte man nach Angaben von Hannsgeorg Schönig, Präsident des Mainzer Carneval-Vereins, lediglich 40.000 Euro. Immerhin stellte Innenminister Ebling nach den Unmutsäußerungen der Betroffenen in Aussicht, die Sicherheitsauflagen für die Fastnachtsumzüge noch einmal zu überprüfen.