Trügerische Umweltbilanz bei Fleischersatzprodukten
KIEL. Zwischen 2019 und 2021 ging der Fleischabsatz in Deutschland von 45,7 auf 40,6 Milliarden Euro zurück. Der Einbruch war nicht nur coronabedingt: Der Einzelhandelsumsatz mit Fleischersatz stieg von 266 auf 611 Millionen Euro. Marktführer Rügenwalder setzt inzwischen mehr vegetarische als Fleischprodukte ab. Ein Kilo Fleischersatz auf Sojabohnenbasis schlägt in der Klimabilanz mit gut einem Kilogramm CO2-Äquivalent zu Buche, Seitan auf Weizenbasis kommt auf das Doppelte. Schweinefleisch liegt hingegen bei vier und Rindfleisch sogar bei dreißig Kilo Emissionen. Zu bedenken sei jedoch, wie Anja Bosy-Westphal, Kieler Professorin für Humanernährung, vorrechnet, daß bei diesen Produkten nicht der Anbau von Erbsen & Co. den Großteil der klimawirksamen Gase verursacht, sondern deren Verarbeitung (Greenpeace Magazin, 1/23). Bereits beim asiatischen Bohnenkäse (Tofu), der im Vergleich mit Kunstwurst relativ wenig verarbeitet ist, fällt die Hälfte der Emissionen beim Verarbeitungsprozeß an. Darum sei es „klimaverträglicher“, ein veganes Linsencurry als ein Veggie-Schnitzel zu kaufen. (ck)
Keine Rüstungsforschung an deutschen Hochschulen
BERLIN. Geraldine Rauch, Präsidentin der TU Berlin, ist davon überzeugt, daß auch der Ukrainekrieg Pazifismus nicht zum „Irrglauben“ stempelt. Daher spricht sich die 40jährige Professorin für Medizinische Biometrie gegen Rüstungsforschung an deutschen Hochschulen aus. Ein Einstieg würde sich nur zeitverzögert auf die militärische Unabhängigkeit auswirken. Überdies bestehe die Gefahr, daß jene Forschung, die sich wie IT und Logistik auch militärisch nutzen läßt, sich unter politischem Druck an der Entwicklung von Panzern oder Massenvernichtungswaffen beteiligen müßte. Bildungsorte hätten nicht die Pflicht, auf akute Konflikte zu reagieren, sondern sie sollten sich langfristig an gewaltfreien Problemlösungen orientieren. So hätten Investitionen in die Forschung zu Alternativenergien uns die Abhängigkeit vom russischen Gasmarkt ersparen und verhindern können, „sehenden Auges in die jetzige Energiekrise“ zu schliddern (Forschung & Lehre, 10/22). (dg)
Kernkraft: Klimaschonend, aber dafür unwirtschaftlich?
STUTTGART. Energiewende-Propagandisten trommeln dafür, die Entscheidung der Ampel-Koalition, am 15. April die letzten drei AKW vom Netz zu nehmen, keinesfalls zu revidieren. Fabian Franke, Mitglied der „Reporter:innengemeinschaft Zeitenspiegel“, erkennt die niedrigere CO2-Bilanz an, selbst wenn man Uranversorgung, Reaktoren und die Endlager berücksichtige. Aber der Bau sicherer AKW der dritten und vierten Generation sei langwierig und zu teuer. Ihre Laufzeit sei beschränkt, jährlich stiegen die Kosten für Wartung und Modernisierung (Natur, 11/22). Die Kilowattstunde Atomstrom sei auf dem Markt günstiger, doch die versteckten Kosten seien höher als bei den erneuerbaren Energien. Kernkraft sei daher „schlicht nicht wirtschaftlich“. Der schwankende Wind- und Sonnenstrom ist aber ohne Speicher nicht grundlastfähig. (ck)
Erkenntnis
„Meine Prognose ist, daß die Preise für Materialien mit hohen CO2-Emissionen in der Produktion mittelfristig deutlich steigen werden – wie zum Beispiel bei Beton. Das führt automatisch dazu, daß der Rohbau viel teurer wird. Dann wird es auch aus wirtschaftlicher Sicht interessanter, über den Erhalt nachzudenken.“
Martin Ernst Schaer, Geschäftsführer der Hamburger Matrix Immobilien GmbH