© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/23 / 10. Februar 2023

Umwelt
Standards für Kälber
Volker Kempf

Sie stehen vor dem Brandenburger Tor in Berlin oder Ställen der Agrarindustrie. Aber sie blockieren keine Lkws. Im Gegenteil, die stehen ihnen zu lange herum, wenn sie Kälber geladen haben. Die Hamburger Tierschutzstiftung „Vier Pfoten“ macht auf Tiertransporte aufmerksam und fordert Änderungen. Zwar wurde das Mindestalter von Kälbern für Transporte in Deutschland 2022 von 14 auf 28 Tage erhöht. Aber das Problem, daß junge Kälber noch kein Wasser trinken, bleibe bestehen; sie seien „bis zu zwölf Wochen auf Milchnahrung angewiesen“, erklärte Ina Müller-Arnke, seit 2008 Nutztierexpertin bei „Vier Pfoten“ im Quartalsmagazin Report. Die Forderung lautet: Ein „Transportverbot für alle Jungtiere, die noch auf Milchnahrung angewiesen sind“, so die frühere Wissenschaftlerin des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit. Wie das festgestellt werden kann, bleibt hier offen. Ganz ohne Altersgrenzen wird das nicht funktionieren.

Deutsche Landwirte, die im globalen Wettbewerb stehen, dürfen nicht die Leidtragenden sein.

Es ist anerkennenswert, daß Tierschützer sich nicht damit begnügen, für vegane Kost einzutreten, um damit für eine heile Welt im Frieden mit allen Kreaturen zu sorgen. Ein wunder Punkt bleibt, daß nach einem Tiertransport durch Deutschland die Verschiffung in Staaten außerhalb der EU anstehen kann, wo die Tierschutzauflagen weit geringer sein können. Ein Nebeneffekt eines verlängerten Transportverbots von Kälbern wäre, daß weniger Kälber geboren werden müssen für die Milchwirtschaft. Die Zielrichtung ist damit klar. Der Markt erlaubt vieles, was mit unseren Werten schwer vereinbar ist. Dann müssen Regeln durchgesetzt werden, die auch Kunden letztlich berücksichtigt haben möchten. Kunden möchten aber alles auch möglichst billig haben. Alles hat eben seinen Preis. Immerhin hat sich für die Kälber bereits etwas in die richtige Richtung bewegt; besser wäre auch hier der Feind des Guten. Die Sachzwänge, denen die Landwirte ausgesetzt sind, gilt es dabei zu berücksichtigen, die im Wettbewerb mit dem Ausland stehen und nicht die Leidtragenden sein dürfen.