© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/23 / 10. Februar 2023

Zeitschriftenkritik: Tumult
Typus Davos-Mann & Klimapolitik
Werner Olles

In der Winter-Ausgabe 2022/23 von Tumult berichtet der Politikwissenschaftler Carsten Germis über den „Davos-Mann“ und die Geburt des Neo-Merkantilismus“. Erstmals 2004 von dem Politologen und Publizisten Samuel Huntington so bezeichnet, verficht dieser Typus der sich „gern als Philanthropen inszensierenden Mitglieder der Wirtschaftselite“ einen autoritären Liberalismus. „Die handverlesene Elite aus Milliardären und Vorstandschefs global agierender Konzerne, aus Staats- und Regierungschefs, Akademikern von Spitzenuniversitäten und sogenannten Nichtregierungsorganisationen “ versuche laut dem Chef des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, „die Welt zu einem besseren Ort zu machen“. Wirklich bedeutsam mache Davos jedoch die erfolgreiche Integration konkurrierender Netzwerke, eine Finanzindustrie, die keine Grenzen mehr kenne und weltweite Migrationsbewegungen, die die Nationalstaaten unter starken Druck setzten. Für die globale Wirtschaftselite sei der Staat ein gewünschter Partner, da er mit seinen Plänen die Ziele vorgebe. In Deutschland reiche dazu der Blick auf die durch staatliche Vorgaben erzwungene Energiewende, die rigoros den Umbau zu Wind- und Sonnenenergie erzwinge und dafür die Deindustrialisierung in Kauf nehme.

Siegfried Gerlich untersucht den „misanthropischen Klimapopulismus“ am Beispiel von Hans Joachim Schellnhuber. Der Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) übe großen Einfluß auf die nationale wie internationale Klimapolitik aus. Er begreife den Klimawandel als Ergebnis einer „faustischen Dialektik der Aufklärung“, da der moderne Mensch einen „Pakt mit dem Kohlenstoff“ eingegangen sei, der wie ein „freigesetzter Flaschengeist“ wirke. Daß er mit seinem „Geheimbericht“ von 2004, dem zufolge 2020 europäische Küstenstädte im Meer versunken wären und in Großbritannien sibirische Kälte herrschen würde, völlig falsch lag, habe ihn nicht davon abgehalten, weiter mit inquisitorischem Eifer seriöse Klimawissenschaftler mundtot zu machen. Damit leiste er einem alle freiheitlichen Regungen erstickenden planetarischen Kontrollregime Vorschub.

Während Norbert Müller Europa vorhält mit dem woken LGTB-Messianismus die Sexualneurosen der US-Amerikaner übernommen zu haben, und „Queer“ als Kern des Puritanismus entlarvt, hat sich nach Bettina Gruber die Gender-Debatte in einen toten Winkel manövriert und spuke nun als Untote durch die Gegend. Weitere Beiträge befassen sich mit dem 150. Geburtstag von Ludwig Klages (Reinhard Falter), Peter J. Brenners „Die Bürde der Vernunft“ und der „Kakophonie des Korporatismus“ (Tom-Oliver Regenauer).

Kontakt: Frank Böckelmann, Nürnberger Str. 32, 01187 Dresden. Das Einzelheft kostet 10 Euro, ein Jahresabo 40 Euro.

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