© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/23 / 10. Februar 2023

Bundesrechnungshof fordert höhere Mehrwertsteuersätze
Die Vereinfachung wird teuer
Jörg Fischer

Der Bundesrechnungshof (BRH) leistet oft verdienstvolle Arbeit, denn die Bonner Behörde schaut den Regierenden auf die Finger. In seinen jährlichen „Bemerkungen“ fördert der BRH Steuer- und Abgabenverschwendungen in Milliardenhöhe zutage. Doch in seinem neuesten Bericht an den Finanzausschuß des Bundestages über die „Reform des ermäßigten Umsatzsteuersatzes“ will der BRH dem Finanzminister zu Diensten sein.

Dazu greifen die cleveren BRH-Beamten zu einem Trick – sie visualisieren eine kleine fiskalische Absurdität: Der „Coffee to go“ wird abhängig vom Milchanteil unterschiedlich besteuert. Bei einem „Schuß Milch“ oder einem Ersatzprodukt wie „Sojamilch“ – egal in welcher Menge – im Kaffee wird der allgemeine Umsatzsteuersatz von 19 Prozent fällig. Bei mindestens 75 Prozent echtem Milchanteil wird jedoch nur der ermäßigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent fällig. Das klingt kompliziert – also: „Weg damit!“ Nun kann der BRH argumentieren: „Die Liste der Ausnahmen zum ermäßigten Steuersatz wächst kontinuierlich. Schwimmbäder, Brennstoffe, Beherbergungen, Verkehrsmittel – für kaum eine Kategorie gilt ein einheitlicher Steuersatz.“ Das führe „vielfach zu Abgrenzungsschwierigkeiten und widersprüchlichen Ergebnissen“ und beschäftige „seit Jahren nationale und europäische Gerichte“. Also: Bürokratieabbau ist doch immer gut – oder?

Im Prinzip ja, doch der BRH will nicht etwa eine Steuersatzreduzierung von 19 auf sieben Prozent oder sogar die EU-Mindesthöhe von fünf Prozent, sondern er will dem Staat zusätzliche Milliardeneinnahmen verschaffen: „Die jährliche steuerliche Begünstigung durch den ermäßigten Umsatzsteuersatz beträgt fast 35 Milliarden Euro.“ Lebensmittel oder Bücher teurer zu machen, traut sich der BRH – noch – nicht. Aber Hotel- und Restaurantrechnungen (1,4 bzw. 3,1 Milliarden), Karten für Theater, Konzerte und Museen (drei Milliarden) oder ÖPNV-Tickets (1,9 Milliarden), die „nur“ mit sieben Prozent besteuert werden, sind für den BRH klar „Subventionen“, die zu Mindereinnahmen von jährlich 9,4 Milliarden Euro führen. Die BRH-Forderung ist daher eindeutig: Steuerliche Mehreinnahmen lassen sich „unmittelbar durch die Einschränkung des Katalogs der ermäßigt besteuerten Leistungen erzielen“. Sprich: Der Bürger soll mehr zahlen.