Er kenne „Politiker, die sind wie Straßendirnen“. Sätze wie dieser waren typisch für Joachim Siegerist. Der Hamburger Verleger hatte null Respekt vor „großen Tieren“. Er liebte es, sich mit ihnen anzulegen. Einem Datenschützer, der ihn mit (unzutreffenden) Vorwürfen konfrontierte, entgegnete er einmal schriftlich, er beschädige das Ansehen seines Amtes mit „wichtigtuerischer Geschwätzigkeit“. Auf der anderen Seite mochte er die „kleinen Leute“, für die er seine Texte schrieb. Er sammelte nicht nur Geld für politische Zwecke, sondern auch für soziale. Ob Deutsche in Siebenbürgen, Tsunami-Opfer in Thailand oder die Landbevölkerung in Lettland: Wo immer jemand in Not war, da war Siegerist zur Stelle. Politik und soziale Verantwortung gingen für ihn Hand in Hand.
1947 wurde Joachim Siegerist in Schleswig-Holstein geboren. Nach der Setzerlehre entschied er sich für den Journalismus. „Außer Politiker gibt es wohl keinen vergleichbaren Beruf, in dem man so viel bewegen kann“, sagte er rückblickend. Stationen: Weserkurier, Bild, Hörzu.
In den achtziger Jahren arbeitete er im Auftrag des Verlegers Axel Springer als Wahlkampfberater für die Union, für Männer wie Uwe Barschel oder Alfred Dregger. Doch dann erfolgte der Bruch mit Verlag und Partei. Fortan war Siegerist sein eigener Herr. Ihm gelangen einige erfolgreiche Buchveröffentlichungen wie „Willy Brandt ohne Maske“. Und er baute sein sozial-konservatives Netzwerk rund um „Die Deutschen Konservativen“ auf. Nach der Wende erhielt er wegen seines lettischen Vaters dessen Staatsangehörigkeit. Er wurde ins Rigaer Parlament gewählt und scheiterte nur knapp bei der Wahl zum Vize-Ministerpräsidenten. 2007 war die Niederlage bei der Bremer Bürgerschaftswahl schon deutlicher. Nur 1,6 Prozent stimmten für seine Partei „Bremen muß leben“. Danach wurde es ruhiger um Siegerist. Über zehn Jahre plagte er sich mit Parkinson, war aber bis zuletzt bei klarem Verstand. Nun starb er einen Tag vor seinem 76. Geburtstag. Mit ihm verliert Deutschland einen unbeugsamen konservativen Journalisten mit einem großen Herzen.