Nur nach strengen Sicherheitskontrollen konnten die Bewohner des kleinen Örtchens Upahl – und nur sie – an der Bürgerversammlung im nahe gelegenen Gardelegen teilnehmen. Es ging schließlich um ihr Schicksal, denn das 500-Seelen-Dorf soll eine Container-Siedlung bekommen – für 400 Asylbewerber. Dagegen regt sich, wen wundert’s, Protest. Weil es am Rande einer Kreistagssitzung zuvor zu tumultartigen Auseinandersetzungen gekommen war, fand die Veranstaltung vergangene Woche unter verschärften Schutzvorkehrungen statt. Denn es hatten sich auch prominente Gäste angesagt, die den aufgebrachten Upahlern Rede und Antwort stehen sollten. Unter anderem Mecklenburg-Vorpommers Innenminister Christian Pegel (SPD) und der zuständige Landrat Nordwestmecklenburgs, Tino Schomann (CDU). Der beteuerte, er habe keine andere Chance gehabt. Weil seinem Kreis seit November 2022 deutlich mehr Flüchtlinge zugewiesen wurden, sei diese Form der Unterbringung notwendig. Der Landrat betonte aber auch, daß Upahl nur zur „Überbrückung“ diene und weiter nach Alternativen gesucht werde, um den Ort so schnell wie möglich zu entlasten.
Alle bisher erörterten Alternativen habe man aus unterschiedlichen Gründen verwerfen müssen – etwa die Unterbringung in Gägelow, Grevesmühlen oder Gadebusch. Weil die Verträge zur Errichtung der Unterkunft bereits unterzeichnet wurden und die Zeit dränge, müsse der Bau dieser Tage beginnen, teilte Schomann den Anwohnern mit. Sollten sich jedoch kurzfristig andere Grundstücke finden, könnte der Bau in Upahl noch gekippt werden, betonte der Landrat. Für die meisten Zuhörer ein schwacher Trost.
Die Ängste der Bewohner liegen auf der Hand: Da ist zuerst allein schon das Verhältnis von Ortsansässigen zu Neuankömmlingen. Angesichts von jüngsten Meldungen rechnen die Upahler mit einem Anstieg der Kriminalität und mit Auseinandersetzungen mit und unter den zumeist männlichen Flüchtlingen. Befürchtet werden Übergriffe vor allem auf Frauen, andere sorgen sich um ihr Eigentum oder um ihre wirtschaftliche Existenz. Den bisweilen verzweifelten Menschen vor Ort hält der Schweriner Innenminister die Staistik entgegen: „Der Polizeiinspektionsleiter hat ja ganz ausdrücklich darauf hingewiesen, daß wir aus den vergleichbaren Beispielen, wo entsprechende Gemeinschaftsunterkünfte sind, eben keine Steigerung des Kriminalitätsaufkommens haben. Positiv formuliert: Das sind genauso gute Menschen wie wir“, so der Minister. Abnehmen wollten ihm das die wenigsten in der Versammlungshalle.
Während angesichts der angespannten Lage dort die beiden Vorsitzenden der Linkspartei in Mecklenburg-Vorpommern, Vanessa Müller und Peter Ritter ein „Signal von höchster politisch verantwortlicher Stelle“ im Sinne des Merkelschen „Wir schaffen das“ vermissen, steht für den Landeschef der oppositionellen AfD, Leif-Erik Holm, Upahl „exemplarisch für die falsche Asyl- und Migrationspolitik“. Zuerst müsse der Bund handeln – an der Grenze. „Es mag leicht sein, vom Ministerschreibtisch aus per Federstrich Migranten zu verteilen. Die Konsequenzen aber tragen die Bürger vor Ort“, kritisierte Holm.