© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/23 / 10. Februar 2023

Englisch als zweite Amtssprache?
Bürokratisches Monster
Thomas Paulwitz

Einst stand die FDP für weniger Bürokratie. Unlängst hat Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) jedoch eine alte FDP-Idee wieder hervorgeholt, die – sofern umgesetzt – den Verwaltungsaufwand stark steigern dürfte: Englisch als Amtssprache in Deutschland, „um ausländischen Fachkräften Behördengänge zu erleichtern“, wie Stark-Watzinger meint. Doch alle Verwaltungsakte in einer zweiten Sprache verfassen zu können, „wäre ein bürokratisches Monster mit vielen juristischen Unwägbarkeiten“, mahnt Ulrich Stock, Landesvorsitzender des Deutschen Beamtenbundes in Sachsen-Anhalt.

Stock hat recht: Unzählige Formulare müßten ins Englische übersetzt, Behördenmitarbeiter in Englisch geschult werden. Hinzu kommt, daß sich viele Ausdrücke der deutschen Verwaltungssprache nicht eindeutig übersetzen lassen. Mißverständnisse sind vorhersehbar.

Eine mehrsprachige Verwaltung ist nicht ökonomisch. Das beweist die Europäische Union (EU), die auf dem Papier zwar 24 Amtssprachen hat, in vielen Bereichen jedoch ausschließlich auf die englische Sprache setzt – obwohl Großbritannien nicht einmal EU-Mitglied ist. Wird Deutsch nun auch in deutschen Behörden durch Englisch ersetzt? Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer meint, Deutsch würden die neuen Fachkräfte trotzdem lernen. Wie? Seine Antwort: durch „training on the job“.






Thomas Paulwitz ist Chefredakteur der vierteljährlich erscheinenden „Deutschen Sprachwelt“.