© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/23 / 03. Februar 2023

Waidhandwerk und High-Tech
Die Messe Jagd & Hund hatte von Wärmebild bis GPS-Ortung viel Zeitgemäßes im Angebot
Alexander Graf

Auf der „Jagd & Hund“ trifft sich in den Dortmunder Westfalenhallen, was in der Branche Rang und Namen hat. In diesem Jahr war das erstmals wieder ohne Corona-Maßnahmen möglich, und die waidmännisch Interessierten strömten in Scharen herbei. Ihnen boten 580 Aussteller aus 36 Ländern in der letzten Januarwoche einen Überblick über die neuesten Entwicklungen rund um die Jagd. Dabei zeigte sich, wie hochtechnisiert das Waidhandwerk inzwischen ist. Mag es dem Romantiker mitunter davor grausen, wenn der Jäger mit immer besserer Ausrüstung ins Revier geht, so sind deren Vorteile nicht von der Hand zu weisen. Es sei nur daran erinnert, daß beispielsweise die bisweilen verpönten Schalldämpfer für die Waffen nicht dem Grundsatz der waidgerechten Jagd widersprechen, wie manche Kritiker behaupten.

So erläutern Berufsjäger in Dortmund im Gespräch, daß die Forderung nach der Verwendung von Schalldämpfern aus ihren Reihen kam. „Denn dabei handelt es sich um eine Maßnahme zum Arbeitsschutz“, lautet die Erklärung. Wenn ein Hobbyjäger im Revier nur vier Schüsse im Jahr abgebe, sei das nur ein geringes Problem fürs Gehör. Bei einem Berufsjäger, der im gleichen Zeitraum schon mal hundert Schuß abgebe, sehe das schon anders aus: Ohne entsprechende Hilfsmitte drohe ein merklicher Gehörverlust.

Wie hochtechnisiert es in Feld und Flur mittlerweile zugeht, sah der Messebesucher am Stand von Yuneec. Die chinesische Firma stellte dort ihren Hexacopter H520E-OFDM vor. Die Drohne mit einer Länge von 52 Zentimetern dient nicht nur Rettungskräften und der Polizei als Hilfsmittel, sondern rettet auch das Leben von Rehkitzen. Derartige Geräte werden immer häufiger zum Absuchen von Feldern verwendet, bevor der Mähdrescher sie aberntet. Denn die kleinen Tiere verstecken sich oft so gut im hohen Gras, daß weder Mensch noch Hund sie finden können.

Mit der neuen E20Tvx-pro-NETD-Wärmebildkamera ist das jedoch kein Problem mehr, versichert der Hersteller. Sie biete mit ihrer Wärmebild- und Restlichtverstärkung eine 20fach höhere Sensitivität als das menschliche Auge und liefert so auch im Dämmerlicht noch hochwertige Bilder. Ohne Kamera wiegt das Gerät knapp zwei Kilogramm. Yuneec gibt an, daß ihr Hexacopter eine Flughöhe von bis zu 500 Meter erreichen kann; und das bei einer Flugzeit von 25 Minuten. Dafür werden aber etwa 2.500 Euro fällig – diverses Zubehör noch nicht mitgerechnet.

Lernt das technisch bejagte Wild hinzu und wird immer scheuer?

Aber nicht nur bei Drohnen ist die Wärmebildtechnik ein Thema – auch Ferngläser kommen nicht mehr ohne aus. Pulsar preist sein Merger LRF XP50 als Vorreiter in der Wärmebildtechnik an. Der im Glas verwendete Wärmebildsensor „gewährleistet eine perfekte Detailerkennung auch unter härtesten Wetterbedingungen bei geringem Wärmekontrast. Die kleinsten Temperaturunterschiede werden bei Regen und Nebel oder an kalten Morgen unter den schwierigsten Bedingungen für Wärmebildkameras deutlich erkennbar sein“, heißt es weiter.

In der Praxis bedeutet das: Auf bis zu 1,8 Kilometer können Objekte wie die überhand nehmenden Wildschweine optimal erkannt werden. Das soll auch die 2,5- bis 20fache Vergrößerung gewährleisten. Gerade Wärmebildtechnik ist unter Waidmännern umstritten, steigt durch ihren Einsatz doch auch bei Nacht der Jagddruck. Als Konsequenz wird das Wild immer scheuer und zieht sich in die Wälder zurück, was beispielsweise zu mehr Verbißschäden an jungen Bäumen durch das Rehwild führt. Das wiederum gilt als Grund, die Vierbeiner stärker zu bejagen. Ein Teufelskreis.

Dabei ist ein weiterer Nutzen der Wärmebildkameras bei der Ermittlung der Wildbestände nicht von der Hand zu weisen. So betont ein Berufsjäger: „Mit Wärmebildkameras kann das Wild mal vernünftig gezählt werden, um einen genaueren Überblick zu bekommen.“ Außerdem könne so auch nachts krankes Wild gut angesprochen werden, wie es in der Jägersprache heißt. Denn nur beim richtigen Erkennen könne auch korrekt entschieden werden, ob ein Abschuß mitunter ein leidendes Tier von seinen Qualen erlöst.

Ein Sprichwort besagt: „Jagd ohne Hund ist Schund.“ Doch was, wenn das Jagdfieber mit dem vierbeinigen Helfer durchgeht und er außerhalb der Sicht- und Rufweite des Jägers ist? Auch hier schafft die Technik Abhilfe. So bietet DogTrace GPS ein Ortungssystem für den Jagdhund. Durch einen Sender im Halsband kann der Hundeführer bis zu 13 Hunde gleichzeitig überwachen; und das auf Entfernungen bis zu 20 Kilometer. Der Akku hält beim Sender gut zwei Tage und der Empfänger kann ihn bis zu 40 Stunden nutzen, bevor er aufgeladen werden muß. Dabei nutzen Jäger derartige Systeme nicht nur bei der Drück- oder Treibjagd, sondern auch für die Ausbildung ihrer Hunde. Mittels einer Zaun-Funktion kann dabei durch ein akustisches Signal eine Grenze festgelegt werden, bei deren Überschreiten es ertönt.

Bei aller Technikbegeisterung hat auch die Tradition auf der diesjährigen Jagd und Hund ihren gebührenden Stellenwert. Das zeigt sich beispielsweise wieder bei den Waffen. So führt der Weg vieler Messebesucher über kurz oder lang zum Stand der Waffenschmiede Mauser. Deren berühmter Karabiner 98 feiert seinen 125. Geburtstag – und genießt seit Jahr und Tag Kultstatus. Trotz aller Neuerungen und namhafter Konkurrenz wie Browning und Winchester hat der Mauser-Karabiner es vielen Jägern angetan. Das 1898 entwickelte Verschlußsystem hat sich bewährt und zeigt, daß Tradition auch in der Moderne besteht.

 www.jagdundhund.de

 www.jagdverband.de

Foto: Ein ausgestopftes Wildschwein auf der internationalen Publikumsmesse Jagd & Hund: Nach drei Jahren Corona-Einschränkungen waren in Dortmund nun wieder 580 Aussteller aus 36 Ländern zu Gast