© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/23 / 03. Februar 2023

Instrumentalisierung eines Völkermords
Juden und illegale Migranten
(ob)

Felix Ackermann, Professor für „Public History“ (Geschichtspolitik) an der Fernuniversität Hagen, ist fasziniert vom polnischen Suwałki-Gebiet, einer alten politischen Wetterecke Ostmitteleuropas, die heute Grenzregion zum russischen Nord-Ostpreußen (Oblast Kaliningrad), zu Litauen und Weißrußland ist. Um die „Gedächtnislücke“ zu beklagen, die sich gerade bei Westdeutschen bezüglich dieser abgeschiedenen EU-Region auftue, macht Ackermann darauf aufmerksam, daß auch hier ein vergessenes Kapitel des Völkermords an den Juden Europas geschrieben worden ist (Merkur, 1/2023). Im Sommer 1941, nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion, organisierte die ostpreußische Gestapo von Königsberg und Tilsit aus Erschießungen jener Juden, die sie im Herbst 1939 aus der Suwałki-Region über die Grenze nach Litauen abgeschoben hatte. Ackermann erinnert an diesen von der Berliner Historikerin Ruth Leiserowitz bereits 2010 hell ausgeleuchteten Massenmord aber nicht, um die ostpreußische Landesgeschichte zu bereichern, sondern einmal mehr als moralisches Druckmittel. Diesmal verwendet gegen polnische Grenztruppen, die es seit 2021 wagen, auf historisch „belastetem“ Boden Tausende von „Geflüchteten“ aus dem Nahen Osten und Afrika daran zu hindern, in Polen und damit in der EU Asyl zu beantragen. 


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