© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/23 / 03. Februar 2023

Meldungen

Historiker Winkler will an „Preußen“ festhalten 

BERLIN. Der Historiker Heinrich August Winkler hat sich gegen die Umbenennung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) ausgesprochen. „Nicht vergessen sollten wir das Preußen der Aufklärung, der religiösen Toleranz, der entschiedenen Strukturreformen in der Ära Stein-Hardenberg zu Beginn des 19. Jahrhunderts“, mahnte er am Montag dieser Woche im Berliner Tagesspiegel. Es gebe nicht nur das Preußen des Militarismus und des Obrigkeitsstaates. Eine Namensänderung wäre „kein Beitrag zur Bewältigung der deutschen Vergangenheit, sondern eine Flucht aus der deutschen Geschichte“, sagte er weiter. „Preußen-Bashing“ sei so beliebt, weil es bequemer sei als „deutsche Selbstkritik.“ Im Dezember vergangenen Jahres hatte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) die Umbenennung der Kulturstiftung ins Spiel gebracht. „Preußen ist ein wichtiges, aber nicht unser einziges Erbe, diese einseitige Priorisierung ist falsch, Deutschland ist viel mehr“, betonte sie damals im Spiegel. Der Name sei nicht mehr „cool“ und passe nicht. Auch SPK-Präsident Hermann Parzinger bemängelte den derzeitigen Stiftungsnamen. Wenn man das Wort „Preußischer Kulturbesitz“ ins Französische, Englische oder Spanische übersetze, müsse man im Ausland oft erklären, worum es sich eigentlich handele. „Deshalb wäre ein Name gut, der nicht nur unsere zweifellos wichtigen Wurzeln betont, sondern auch eine Perspektive in die Zukunft eröffnet“, unterstrich Parzinger. Für den ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse (SPD) sind die Pläne zur SPK-Umbenennung hingegen ein „Versuch, sich von geschichtlichen Lasten zu befreien“. Mit ihrem neuen Vorstoß würden die Grünen „Geschichtsreinigung“ verfolgen, bekräftigte der Sozialdemokrat der Nachrichtenagentur dpa gegenüber. Heinrich August Winkler lehrte an den Universitäten in Berlin und Freiburg. Seine Publikationen über über die Historie Deutschlands und des Westens sind Standardwerke der Geschichtswissenschaft. (fw)





Antisemitismus von links wird zunehmend salonfähig

BERLIN. Der israelische Botschafter in Berlin, Ron Prosor (64), hat anläßlich des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar davor gewarnt, Antisemitismus aus dem politisch linken Spektrum zu unterschätzen. In einem Gespräch mit Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte der Diplomat, während beim Judenhaß von rechter Seite hart reagiert werde, scheine der Links-Antisemitismus zunehmend salonfähig zu werden. Prosor äußerte die Befürchtung, daß Judenhaß aus der linken Szene langsam in der Mitte der Gesellschaft ankomme. Als Beispiel nannte er die Documenta 15 in Kassel. Im vergangenen Jahr waren auf der Kunstausstellung Bilder von Juden mit Schweinegesicht und Raffzähnen präsentiert worden. Die Generaldirektorin wurde abgesetzt und ein Expertenrat einberufen. Aber „braucht man wirklich sieben Professoren, um festzustellen, daß ein Jude mit einer Hakennase, der auf einem Beutel Geld sitzt mit einer Kippa, antisemitisch ist?“, fragte Prosor. Deutschland habe beim Antisemitismus, der von rechts komme, eine klare Haltung und wisse auch, was man dagegen machen müsse. Es herrsche in der Öffentlichkeit, bei Ermittlern und Medien Einigkeit über ein konsequentes Vorgehen dagegen: „Das funktioniert gut. Der Links-Antisemitismus hingegen ist problematischer.“ (idea/JF)