Kulturgutzerstörung als Bestandteil der Kriegführung ist keine Erfindung der Moderne. Sie sei, woran der Kulturhistoriker Ulrich Raulff in seiner Festrede zum 450. Geburtstag der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel erinnerte, bereits von den Römern praktiziert worden, als sie ihren Pflug über Karthago führten. Neu sei hingegen, daß sich seit der Weltkriegsepoche die Fälle mehren, in denen Tempel, Museen und Bibliotheken zu Objekten gezielten Kriegshandelns werden. In Anlehnung an die während der Balkankriege aufgekommene zynische Wendung „ethnische Säuberung“ bezeichne die Unesco neuerdings Kriegsverbrechen, die auf die Auslöschung von Sprache und Kultur des Gegners zielen, als „kulturelle Säuberung“. Das Volk, das zum Objekt und Opfer eines solchen Verbrechens wird, soll um seine Identität gebracht werden. Der Angriff auf das Kulturgut einer Nation zielt somit auf den Kern ihres Selbstbewußtseins und ihres Willens zur Selbstbehauptung. Überlebende sollen nicht mehr wissen, wer sie waren, bevor der Krieg begann, sollen Sprache und Gedächtnis verlieren. „Niemand soll mehr wissen, wo seine Wurzeln waren.“ Als aktuelles Beispiel dieser Praxis weist Raulff auf russische Angriffe gegen ukrainische Kulturgüter hin und zitiert ausgerechnet die von Hermann Parzinger, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, dafür geprägte Floskel von der „gewaltsamen Unterbrechung der Erinnerung“. Wo doch Parzinger eifrigster Sekundant der grünen Kulturstaatsministerin Claudia Roth bei deren Bemühen ist, die Erinnerung an Preußen schon im Namen der Stiftung zu tilgen (Zeitschrift für Ideengeschichte, 4/2022).