Erst erwischte es den Hindenburgplatz, nun muß sich auch die Westfälische Wilhelms-Universität in Münster einen neuen Namen suchen. Ihr Namenspatron Kaiser Wilhelm II. hat ausgedient. Der hatte der seinerzeitigen Akademie Münster ihren Rang als Universität 1902 zurückgegeben, so daß sie ihm zu Ehren als Westfälische Wilhelms-Universität oder kurz WWU getauft wurde. Doch in den vergangenen Jahren mehrten sich Forderungen, den politisch inkorrekten Namenspatron zu streichen, woraufhin die Universität das Projekt „Zur Sache WWU“ initiierte, das das Leben von Wilhelm II. beleuchten sollte.
In einem Kurzvideo über das Projekt wird der technikbegeisterte Kaiser als „Fortschritts-
ankurbler“ und „Innovationskatalysator“ gelobt, der dazu beigetragen habe, daß zeitweilig „jeder dritte Nobelpreis an deutsche Wissenschaftler“ ging. Doch seine „Pickelhauben-Großmachtträume“ hätten in den Ersten Weltkrieg geführt, und in seinem Exil habe er „der Demokratie, der freien Presse, den Juden“ die Schuld für seinen Machtverlust gegeben. Nun votierte der Universitätssenat bei einer Probeabstimmung ohne Gegenstimme bei einer Enthaltung für eine Umbenennung; eine spätere, formell bindende Abstimmung ist nur noch Formsache. Während der Senat den Namen „Universität Münster“ favorisiert und somit auch das „Westfälische“ streichen will, hat die Hochschulgruppe des CDU-nahen Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) die 1942 in Auschwitz ermordete Philosophin und Nonne Edith Stein als Namenspatronin vorgeschlagen, die in Münster geforscht hatte und die 1998 von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen wurde.
Damit verliert Wilhelm seine letzten organisierten Unterstützer, denn der RCDS hatte sich – auch aus finanziellen Gründen – jahrelang gegen eine Umbenennung ausgesprochen: Schon die geringfügige Umbenennung des Studentenwerks in Studierendenwerk habe die WWU 800.000 Euro gekostet; die Umbenennung der ganzen Universität werde diese Summe deutlich übertreffen, zumal man auch die etablierte Abkürzung WWU verliert, so der Einwand. Der erst vor wenigen Tagen neugewählte RCDS-Vorstand hat ohne Mitgliederbefragung die Unterstützung für den Namen WWU fallengelassen, und selbst einzelne Vorstandsmitglieder waren über das Vorgehen nicht informiert. Pikanterweise gab es über eine gemeinsame Liste mit der Liberalen Hochschulgruppe auch ein vom RCDS gestütztes Senatsmitglied, das nicht gegen die Namensänderung stimmte.
Der RCDS-Vorstand betont, mit Edith Stein erstmals eine deutsche Universität nach einer Frau benennen zu können. Einzelne Mitglieder kritisieren, man lasse sich damit auf Argumentationsmuster der Grünen und Linken ein. Daß Wilhelm II. durch seinen gelähmten und verkrüppelten Arm körperlich behindert war, gab ihm offenbar keinen Diversity-Bonus.