© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/23 / 03. Februar 2023

Ländersache: Sachsen
Ein bißchen „Lützi“ in Laußnitz
Paul Leonhard

Freiwillig werden sie nicht weichen, ihre elf wackeligen Holzkonstruktionen in der Laußnitzer Heide nahe Dresden nicht verlassen, denn sie fühlen sich im Recht. Seit Sommer 2021 haben Jugendliche, die sich als Umweltaktivisten und Klimaschützer fühlen, ein Stück Wald besetzt, das dem Kiesabbau weichen soll. Beifall bekommen sie dafür von der Grünen Jugend Sachsen. Der Kiesabbau sollte ganz eingestellt werden, findet deren Landessprecherin Charlotte Henke: „Der Schutz von Mooren sollte in Zeiten der Klimakrise eine absolute Selbstverständlichkeit sein.“

Während die 21jährige noch auf ein Einlenken von Sachsens grünem Umweltminister Wolfram Günther und eine Aussetzung der geplanten Räumung hofft, bereiten sich die Besetzer auf ein Eingreifen der Staatsgewalt vor. Aufmerksam hat man den Polizeieinsatz in Lützerath verfolgt und bittet um Unterstützung: „Komm vorbei, bau mit uns Plattformen, Häuser und Barrikaden.“

Die Waldbesetzer sind nicht die einzigen, die gegen den Kiesabbau protestieren. Es gibt eine Bürgerinitiative, die ein Kiesabbau-Moratorium fordert, eine Landschaftsarchitektin, die mit einer Petition den Landtag aktiviert hat, und eine Naturschutzbund-Fachgruppe. Alle sind nicht gut auf die Besetzer zu sprechen. „Naturschutzfachlich ist das, was die Leute dort machen, wenig hilfreich“, sagte Matthias Schrack vom Naturschutzbund (Nabu) Großdittmannsdorf gegenüber der Sächsischen Zeitung: „Wir sind eher mit der Bürgerinitiative Contra Kiesabbau Würschnitz auf einer Linie.“

Da nach Ansicht des Nabu keine Chance besteht, die laut Aussage des Kieswerks „für den Geltungszeitraum des Hauptbetriebsplans“ benötigten rund 25 Hektar Wald zu retten, versucht man, so Schrack, auf rechtlichem Weg die Rodung des übrigen Gebietes von insgesamt 127 Hektar zu verhindern, um die nahen, gesetzlich besonders geschützten Moore zu erhalten. Denn hier fehlen noch Auftragsunterlagen und ein Hydrogeologisches Gutachten zur Analyse der Entwicklung von Flora und Fauna, wenn die Gebiete nach dem Kiesabbau wie geplant mit Bauschutt befüllt werden sollen. Wasser auf die Mühlen der Linken, die eine öffentliche Erklärung des Umweltministers fordern. Dieser müsse erläutern, warum er die Umweltauswirkungen für gering halte, obwohl ein Nabu-Gutachten zu entgegengesetzten Ergebnissen komme. Sollte auch in Sachsen geräumt werden, wäre das „nach Lützerath und dem Fechenheimer Wald bereits die dritte Räumung eines ökologischen Projekts unter grüner Regierungsbeteiligung 2023“, so Marco Böhme, klimaschutzpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Landtag.

Die Besetzer selbst rechnen mit einer baldigen gewaltsamen Räumung, nachdem die ihnen gesetzte Frist am 23. Januar abgelaufen ist und der Gesetzgeber Baumfällungen nur bis Ende Februar gestattet. Nach einem Bericht der Dresdner Morgenpost bereitet die Polizei einen „Rund-um-die-Uhr-Einsatz von bis zu 14 Hundertschaften (in Schichten), Spezialkräften, Höhenrettern und schwerer Technik“ vor, um dem Kieswerk die Bahn freizumachen: „D-Day ist der 15. Februar – es sei denn, das Umweltministerium zieht die Notbremse.“