Auf Youtube zeichnet sich ein Trend ab, der zeigt, daß das Idealbild des tapferen männlichen Helden noch längst nicht so sehr aus der Mode ist, wie sich das die Verfechter der neuen „femininen Männlichkeit“ und des Antimaskulinismus wünschen würden. Dort feiern gerade ehemalige deutsche Sicherheitskräfte großen Erfolg mit Kanälen, auf denen sie aus ihrem einstigen Arbeitsalltag berichten.
Einer von ihnen ist Kuni. Der Mann, der in seinen Videos stets mit Sturmhaube auftritt, war viereinhalb Jahre lang Beamter beim Sondereinsatzkommando in Niedersachsen. In seinen Clips schildert der heute 27jährige explizit die gefährlichen Ausnahmesituationen, die sein ehemaliger Job mit sich bringt. So zeigt er beispielsweise, wie man sich rettet, wenn man in voller Bekleidung ins Wasser fällt. Allgemein sei die Ausrüstung von entscheidender Bedeutung. Diese geht, so lernen wir, weit über die schwere Bewaffnung hinaus, mit der die meisten Laien die Truppe verbinden werden. Ein „absolut wichtiger Gegenstand“ ist dabei der Rucksack. Vor allem die darin enthaltene Rettungsdecke sowie die dazugehörige goldene Wärmefolie, die den Elitepolizisten vor dem Auskühlen bewahrt. So auch die Handschuhe, deren Überstreifen über die eiskalten Hände sich selbst für den erfahrenen Ex-SEKler gar nicht so einfach gestaltet. Ohne sie würden das Ausheben einerFeuerstelle mit dem Klappspaten und das Sammeln von Birkenrinde („Birke brennt fast immer“) aber noch deutlich schwieriger werden.
Kunis Youtuber-Kollege Thomas Gast legt in Sachen Überlebenstips noch eine Schippe drauf. „Der Legionär“, wie sich der Bayreuther auf seinem Kanal mit Berechtigung nennt, wurde als Fallschirmjäger bei der Bundeswehr bei einem Sprung so schwer verletzt, daß er als „sprunguntauglich“ eingestuft wurde und nach seiner Genesung zur Fernmeldetruppe wechseln sollte. Gast lehnte ab und wechselte daraufhin zum Fallschirmjägerregiment der französischen Fremdenlegion. Für diese kämpfte er in den 1990er Jahre unter anderem in Bosnien und im kongolesischen Brazzaville, wo er mit seiner Einheit in einen Hinterhalt geriet, bei dem einer seiner Kameraden fiel und viele weitere verwundet wurden. Gast, der wenige Wochen zuvor erfahren hatte, daß er Vater werden würde, verließ daraufhin die Legion und wurde 2002 nach 17 Dienstjahren im Rang eines „Adjudant“ ehrenhaft entlassen. Heute gibt er Zuschauern auf Youtube Anleitungen, wie sie zum Beispiel einen Blizzard überleben könnten.
Der vielleicht prominenteste Name der Szene ist Ottogerd „Otto“ Karasch. Bekanntgeworden ist der 39jährige ehemalige Bundeswehrsoldat mit Einsatzerfahrung durch das Format „7 vs. Wild“. Die 2021 von dem Youtuber Fritz Meinecke ins Leben gerufene Survival-Show, in der sieben Teilnehmer auf einer einsamen Insel ausgesetzt werden, gilt mit im Durchschnitt mehr als 5 Millionen Aufrufen pro Folge als eine der erfolgreichsten deutschen Webserien. Während Meinecke beim ersten Mal selbst gewann, konnte sich 2022, in der zweiten Staffel, die auf der tropischen Insel Isla de San José im Süden Panamas stattfand, am Ende Karasch mit seiner Machete durchsetzen. Auf seinem eigenen, 370.000 Abonnenten starken Youtube-Kanal „OttoBulletproof“ stimmt er die Nutzer bereits auf den „Arctic Warrior“ 2023, das nächste Survival-Großevent, ein.
Das nächste Event entzweit die Fangemeinde
Für dieses rekrutiert er gerade eifrig Kandidaten – und sorgt damit für Unmut unter seinen Kollegen, die sich bisher munter untereinander in Interviews ausgetauscht hatten. So hat Gast der frostigen Challenge bereits eine klare Absage erteilt. Das kommt gar nicht gut an in einer Gemeinschaft, in der man seine Männlichkeit immer wieder neu beweisen muß. „Mut bedeutet auch, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und offen für neue Abenteuer zu sein, anstatt sein Leben damit zu verbringen, im Vergangenen zu leben und sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen“, lautete einer der vielen enttäuschten Kommentare unter dem Absagevideo des Legionärs.
Dieser betont zu Recht, mit seiner Einsatzreichen Vita und über 60 Jahren auf dem Buckel keinem mehr etwas beweisen zu müssen. Unabhängig davon verspricht „Arctic Warrior“ schon jetzt ein Youtube-Tit zu werden.
Fotos: Der frühere Fremdenlegionär Thomas Gast in seinem Youtube-Studio: Einiges in seiner Militärzeit erlebt; Otto Karasch erklärt sein Format „Arctic Warrior“: Eisige Herausforderung