Nach der Einkesselung der deutschen 6. Armee in Stalingrad am 22. November 1942 (JF 47/22) war ihre Lage zunächst nicht völlig aussichtslos. Die meisten ihrer Divisionen waren noch kampfkräftig genug, um westlich der Stadt ein großes Vorfeld mit mehreren Flugplätzen zu behaupten. Die Entfernung zur deutschen Front am Don betrug nur gut 50 Kilometer. Ein rascher Ausbruch der Armee aus dem Kessel erschien anfangs noch möglich, auch wenn er mit einem gewissen Risiko und erheblichen Verlusten insbesondere an Material verbunden gewesen wäre. Doch bestand die Chance, fast eine Viertelmillion Soldaten zur deutschen Front durchzubringen und in diese wieder einzureihen. Erste Vorbereitungen für einen Ausbruch wurden bereits noch im November 1942 getroffen.
Jedoch wollte Hitler Stalingrad um jeden Preis halten und durch eine Gegenoffensive die 6. Armee nicht nur entsetzen, sondern auch den alten Frontverlauf wiederherstellen. Denn die Sperrung der Wolga als Verkehrsweg war das einzige strategische Ziel, das die deutsche Sommeroffensive von 1942 tatsächlich erreicht hatte (JF 28/22). Beauftragt mit der Durchführung der Gegenoffensive wurde der wohl beste Operateur des deutschen Heeres, Generaloberst Erich von Manstein. Dieser sah aber bald, daß die geplante Gegenoffensive bestenfalls einen Korridor zum Ausschleusen der Masse der 6. Armee aus dem Kessel öffnen, aber keine Wiederherstellung des Status quo ante mehr erreichen konnte.
Bereits Weihnachten 1942 war das Schicksal des Kessels besiegelt
Das Unternehmen „Wintergewitter“ stand von Anfang an unter einem schlechten Stern. Der Stalingrad am nächsten gelegene Absprungpunkt am Don stand unter starkem Feinddruck. Nur die Armeegruppe Hoth, die allerdings einen doppelt so weiten Weg, fast 120 Kilometer, nach Stalingrad vor sich hatte, besaß Bewegungsfreiheit. Für den Angriff konnten zudem weniger Kräfte als erhofft bereitgestellt werden, auch weil nach der alliierten Landung in Nordwestafrika (JF 45/22) gepanzerte Verbände der Wehrmacht in Südfrankreich gebunden waren oder nach Nordafrika verlegt werden mußten.
Die Armeegruppe Hoth konnte aufgrund der Witterungsverhältnisse erst am 10. Dezember mit unzureichenden Kräften angreifen, stieß aber immerhin bis zum 20. Dezember bis auf 55 Kilometer an den Einschließungsring heran. Die 6. Armee hatte einen massiven Ausbruch vorbereitet, doch waren ihre Vorräte an Betriebsstoff und Munition mittlerweile soweit geschwunden, daß sie den Entsatzkräften nur noch 30 Kilomter hätte entgegenkommen können. Doch nun wurde Hoth von einer doppelten Übermacht rasch herangeführter sowjetischer Reserven aufgehalten. Zudem hatte am 17. Dezember die Rote Armee weiter nördlich eine neue Offensive mit dem Ziel Rostow begonnen. Damit drohten nicht nur die Reste der Heeresgruppe B, sondern auch die noch im Kaukasus stehende Heeresgruppe A abgeschnitten zu werden. Manstein brach deshalb am 23. Dezember das Unternehmen Wintergewitter ab, die Armeegruppe Hoth zog sich ab dem 26. Dezember auf ihre Ausgangsstellung zurück. Zu Weihnachten des Jahres 1942 war damit das Schicksal der 6. Armee in Stalingrad besiegelt, auch wenn sich dies die Verantwortlichen auf deutscher Seite nicht offen eingestanden.
Schon vor ihrer Einschließung war die Versorgungslage der 6. Armee prekär gewesen. Nach der Einkesselung forderte der Oberbefehlshaber der Armee, Generaloberst Paulus täglich 500 bis 600 Tonnen Nachschub an. Göring sagte Hitler eine solche Lufttransportleistung zu. Seine Fachleute hielten maximal 350 Tonnen für möglich und auch das erwies sich als zu optimistisch geschätzt. Die beste Tagesleistung erzielten 149 eingesetzte Flugzeuge am 19. Dezember, als sie bei guten Wetterbedingungen 258 Tonnen in den Kessel transportierten und 1.007 Verwundete herausflogen. Meist waren die Lufttransportleistungen weit geringer. Eine neue Offensive der Roten Armee ab dem 10. Januar 1943 gegen die Westfront des Stalingrader Kessels führte zum Verlust der beiden wichtigsten Flugplätze Pitomnik und Gumrak am 16. und am 22. Januar. Danach konnten Flugzeuge der Luftwaffe kaum mehr im Kessel landen und starten und Versorgungsgüter nur noch per Fallschirm abwerfen.
Die Nahrungsmittelversorgung brach vollends zusammen,x und die Zahl der Hungertoten wuchs. Die mangels Treibstoff und Pferden immobile, über keine Artilleriemunition mehr verfügende 6. Armee konnte keine geschlossene Abwehrfront mehr bilden und wurde bis zum 25. Januar in zwei getrennte kleine Kessel im Stadtgebiet zurückgedrängt. Der sowjetische Oberbefehlshaber im Raum Stalingrad, Konstantin Rokossowski, bot am 22. Januar Kapitulationsverhandlungen an, die nicht nur Hitler verbot, sondern auch der noch am 30. Januar zum Generalfeldmarschall beförderte Paulus verweigerte. Es war der Initiative untergeordneter Befehlshaber zu verdanken, daß schließlich der Südkessel am 31. Januar und der Nordkessel am 2. Februar kapitulierten.
Von den über 200.000 deutschen Soldaten im Kessel gingen rund 110.000 in Gefangenschaft. Zuvor waren gut 25.000 als Verwundete ausgeflogen worden. Die mehr als 60.000 Toten waren zu einem großen Teil nicht durch die Wirkung sowjetischer Waffen umgekommen, sondern Krankheiten erlegen, verhungert und erfroren. Ähnliches galt wohl auch für die im Kessel befindlichen rumänischen und kroatischen Soldaten sowie die russischen Hilfswilligen. Mit der Kapitulation endete die Leidenszeit der gefangengenommenen Soldaten keineswegs. Tatsächlich zeigte sich die Rote Armee total überfordert, größere Mengen an Kriegsgefangenen zu versorgen. Schon bei ihrem Abtransport durch die verschneite Kalmückensteppe starben Zehntausende, weitere Zehntausende in den Auffanglagern (JF 6/18). Auch die spätere Zwangsarbeit in sowjetischen Lagern überlebten sehr viele nicht. Am Ende kehrten nur etwa 5.000 Stalingradkämpfer nach Deutschland zurück.
Die militärischen Verluste konnten nicht mehr ausgeglichen werden
Militärisch stellte Stalingrad eine Katastrophe dar. Allein psychologisch bedeutete die Vernichtung einer ganzen deutschen Armee für alle Feinde eine große Aufmunterung, für die Deutschen aber einen Schock und das Ende des Mythos von der eigenen Unbesiegbarkeit. 14 Infanterie-, drei motorisierte Infanterie- und drei Panzerdivisionen, meist Verbände mit mehrjähriger Kampferfahrung, waren in Stalingrad vernichtet und weitere vier Infanterie- und zwei Panzerdivisionen dort bei den Kämpfen außerhalb des Kessels aufgerieben worden. Auch wenn der Großteil dieser Divisionen später formal wieder neu aufgestellt wurde, ließ sich der Verlust von 200.000 erfahrenen Kämpfern kaum wiedergutmachen.
Auch die materiellen Verluste waren schwer. Nannte Anfang November 1942 das deutsche Heer noch gut 4.000 „frontfähige“ Kampfpanzer sein eigen, waren es Anfang April 1943 nur noch knapp 2.500. Auch die Bestände an LKW, Infanteriewaffen und Artillerie waren arg geschrumpft. Trotz der danach stetig steigenden Rüstungsfertigung unter Albert Speer war es nicht mehr möglich, die Lücke zu der rasch wachsenden materiellen Übermacht der Feinde zu schließen. Das deutsche Heer stellte zwar weiterhin neue Divisionen auf, von denen die meisten jedoch personell und materiell nicht mehr die Kampfkraft erreichten, die beim Westfeldzug 1940 und zu Beginn des Unternehmens Barbarossa noch Standard gewesen war. Das Reich hatte weitgehend seine strategische Handlungsfreiheit im Osten verloren.