© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/23 / 27. Januar 2023

CD-Kritik: Iggy Pop – Every Loser
Der Pate des Punk
Eric Steinberg

Got a dick and two balls, that’s more than you all“, ist der erste Satz, der auf dem Album „Every Loser“ von Iggy Pop zu hören ist. Mit 75 Jahren zeigt sich der faltige Punk-Veteran damit in selbstbewußter Verfassung. Bereits während des Openers „Frenzy“ erinnert nichts mehr an die jazzartigen Experimente vergangener Alben, der Fokus liegt nun klar auf Rockmusik. Den ruhigen Klängen weichen daher treibende Achtelnoten auf der E-Gitarre, die sich wie ein hintergründiges Kraftwerk durch die temporeichen Stücke des Werkes ziehen. Und davon gibt es nicht zu wenig. „Neo Punk“ etwa steigt mit furiosem Tempo ein und hätte sich ebenfalls zum Eröffnungstrack geeignet. 

Während Iggys Stimme im ersten Lied noch metallischen Anklang entfaltet, ergänzt sich die Energie verzerrter Gitarren im Verlauf des Werkes perfekt zu dessen rauchig-tiefer Stimme. Was dabei herauskommt ist die Geradlinigkeit, Ehrlichkeit und Spielfreude vergangener Stooges-Zeiten, die ihn zum Ende seiner Karriere wieder einholen: „When I’m done/ I’m still looking for fun“, heißt es passenderweise im Song „Modern Day Ripoff“.

Dennoch schlägt der Altmeister auch sentimentalere Töne an: „We cannot be happy, ’cause I will not be happy“, singt er in dem Stück „Morning Show“. Gepaart mit akustischen Klängen klingt das fast nach dem Desperado, der in den Sonnenuntergang reitet. Doch dieser Eindruck verbleibt nur kurzweilig. Denn das Album ist alles andere als ein leiser Abschied in den Ruhestand.

Iggy Pop Every Loser Warner Music 2022  https://everyloser.iggypop.com