© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/23 / 27. Januar 2023

Die unvergleichliche Würde eines armen Erdenwurms
Christentum und Posthumanismus
(wm)

Der Mathematiker Irving Good, ein Pionier des technologischen Posthumanismus, der heute das Herzstück der Ideologie jenes digital-finanziellen Komplexes ist, der sich alljährlich in Davos der Weltöffentlichkeit präsentiert,  prophezeite schon in den 1960er Jahren, daß der Mensch als führende Spezies bald durch eine Superintelligenz abgelöst werde. Die Erfindung einer solchen „technologischen Singularität“ dürfte allerdings die letzte Erfindung der Menschheit vor ihrem Untergang sein, den ihr die von ihr geschaffenen Roboter bereiten. Dieses Ende herbeisehnende Posthumanisten begründen ihre Erwartung mit der Hinfälligkeit des gegen Krankheit und Tod nicht gefeiten Menschen wie auch mit seiner der Künstlichen Intelligenz hoffnungslos unterlegenen Gehirnleistung. Für einen Christen, so ist sich der Theologe Hendrik Klinge (Bergische Universität Wuppertal) sicher, sind das keine Argumente, die Minderwertigkeitsgefühle hervorrufen könnten. Habe Gott doch nicht die Robotern vergleichbar perfekten sündlosen Engel im Himmel, sondern ein heilsbedürftiges Mängelwesen, Martin Luthers „Madensack“, der Auszeichnung für würdig erachtet, die es mit der Inkarnation erfahren habe. Allein von Christus her könne dem Menschen zugesprochen werden, daß er trotz aller Mängel „das erwählte Geschöpf, der Augapfel Gottes“ sei. Dieser Gedanke der Inkarnation erledige jede Diskussion darüber, ob „technologische Singularität“ dem Menschen je seinen Rang ablaufen könne. Denn die „unvergleichliche Würde des armen Erdenwurms steht mit der Menschwerdung Gottes ein für allemal fest.“ (Evangelische Theologie, 4/2022). 

 www.penguinrandomhouse.de