© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/23 / 27. Januar 2023

Das Netzwerk der Klima-Kleber
Personalnot bei der Letzten Generation: Unter den Spendern für die Gehälter finden sich auch US-Milliardäre
Hinrich Rohbohm

Das Angebot klingt verlockend: „Laß uns das mal in Ruhe besprechen. Wenn alles paßt, können wir dir eine Vollzeitstelle und sogar eine Wohnung besorgen“, frohlockt ein Aktivist der radikalen Klimagruppe Letzte Generation (LG), als die JF sich inkognito für eine hauptberufliche Stelle bei den Klimaklebern interessiert. Die Gruppe wirbt derzeit offensiv um Mitarbeiter für ihre Aktionen. Nachdem die anfängliche Rekrutierung neuer potentieller Saboteure verhalten angelaufen war, versuchen es die selbsternannten Klimaretter nun mit Geld. Das beschert ihnen mehr Zulauf.

Nahezu täglich finden mittlerweile bundesweit Vorträge der LG statt. Die Öko-Endzeitsekte erfreut sich zudem einer hohen medialen Aufmerksamkeit. „Das ist alles schön und gut, aber wir brauchen Leute“, meint einer der Aktivisten am Rande eines Vortrags in Lüneburg, für den die Universität trotz der Fülle an Straftaten, die die Gruppierung bereits begangen hat, einen Raum zur Verfügung stellt.

Das Problem der Radikalen: Schon seit gut einem Jahr gelingt es ihnen kaum, Massen für ihren Klimakampf gegen Staat, Regierung und Kapitalismus auf die Straße zu bekommen. Jetzt soll ein fester Lohn für Aktivisten Abhilfe schaffen. Und so wirbt die kapitalismuskritische Letzte Generation mit Kapital um neue Klima-Jünger. In Lüneburg. In Göttingen. In Halle. In zahlreichen weiteren Städten. Auch in Online-Vorträgen. Stets mit dem Versprechen, für den Einsatz bezahlt werden zu können.

Das wirft Fragen auf. Etwa die, wer die finanziellen Unterstützer der Gruppe sind. Wer sorgt für die nötige Logistik, die die jungen Leute für ihre Sabotageaktionen benötigen? Und vor allem: Wer bietet ihr den dringend nötigen rechtlichen Schutz, um die Folgen vorsätzlich begangener Straftaten abzufedern?

Einige der Antworten finden sich im sonnigen Kalifornien, dort, wo 2019 der Climate Emergency Fund (CEF) gegründet wurde, der maßgeblich zur Finanzierung der LG beiträgt. Die NGO verdankt ihre millionenschweren Mittel vor allem der flippigen Öl-Erbin Aileen Getty. Die 65jährige ist die Enkeltochter des einstmals reichsten Mannes der Welt, des ehemaligen Öl-Tycoons Jean Paul Getty, sowie Tochter von John Paul Getty II, der einst die Unternehmensleitung hingeschmissen und sich einem exzessiven Partyleben mit zahlreichen Drogen verschrieben hatte.

Auch Aileen Getty hatte mit Drogenkonsum ihre Erfahrungen. Ihren zweiten Mann lernte sie in einer Entzugsklinik kennen. Die Ehe endete noch in den Flitterwochen, in denen sie mit einer Überdosis bewußtlos aufgefunden worden war.

Öl-Erbin verteilt Millionen an verschiedene „Klimaretter“

Einen Großteil ihres Erbes hat sie in den Klimaschutz gesteckt, allein 4,5 Millionen Dollar davon in den von ihr mitbegründeten Climate Emergency Fund. Der zahlt Zuschüsse an das sogenannte A22-Netzwerk, einen Verbund von Ökofanatikern, der in elf westlichen Industriestaaten Sabotageaktionen gegen staatliche Infrastruktur durchführt. Besonders die Organisation „Just Stop Oil“ in Großbritannien ist mit Mitteln reichlich ausgestattet. Sie wurde von Aileen Getty bereits mit 1,1 Millionen Dollar bedacht. Auch die Letzte Generation gehört zu A22, das sich nach ihrem Gründungsdatum im April 2022 benannt hat. Eigenen Angaben zufolge erhielt die Gruppe im vergangenen Jahr lediglich 50.000 Euro vom CEF. Doch angesichts von Spendeneinnahmen in Höhe von fast einer Million Euro im Jahr 2022 stellt sich die Frage, ob das wirklich alles ist.

Auffällig: Obwohl das Netzwerk vorgibt, gegen die weltweite Nutzung fossiler Energien zu Felde zu ziehen, hält es sich mit Aktionen gerade in Ländern mit besonders hoher fossiler Energienutzung wie etwa China oder Rußland stark zurück. So beschränken sich ihre Kampagnen ausschließlich auf westliche Industriestaaten. Um so deutlicher tönen  die Parolen, daß die Demokratie für die Bekämpfung des Klimawandels nicht mehr zeitgemäß sei.

Etwa von dem Briten Roger Hallam und der von ihm ins Leben gerufenen radikalen Klimagruppe Extinction Rebellion (XR), aus deren Reihen sich die Führungsgruppe der Letzten Generation maßgeblich zusammensetzt. Auch Extinction Rebellion wird vom CEF bezuschußt. Mehr noch: Mit der Schauspielerin Rowena Koenig als „Development Director“ gehört eine ehemalige XR-Aktivistin zur Führungsgruppe des Funds. Aileen Getty bedachte die britische Organisation XR mit einer Spende von 500.000 Dollar.

Der CEF zahlte im vergangenen Jahr insgesamt 4,5 Millionen Dollar an 43 Klima-Gruppen. Und finanzierte das Training von weltweit 22.000 selbsternannten Aktivisten. Und damit die von ihnen verübten Straftaten.

Im Beirat des Funds vertreten ist auch Bill 

McKibben, ebenfalls Unterstützer von XR und Gründer der Organisation 350.org. Während sich der CEF um die Finanzierung der radikalen Klima-Gruppen kümmert, sorgt McKibbens bereits 2008 ins Leben gerufene NGO in Funktion einer weltweit agierenden Graswurzelbewegung für die Rekrutierung neuer „Aktivisten“ sowie den organisatorischen Aufbau dieser Gruppen.

McKibbens Gruppe wird unter anderem vom ehemaligen Greenpeace-Chef Kumi Naidoo unterstützt, ebenso vom einstigen IPCC-Vorsitzenden Rajendra Pachauri. Über 350.org hatte der US-Amerikaner unter anderem die Desinvestitions-Kampagne Fossil Free ins Leben gerufen, über die später die heutige Fridays-for-Future-Frontfrau Luisa Neubauer erstmals zur Klimabewegung gestoßen war. Sie hatte McKibben während eines Praktikums kennengelernt, und sei damals „schwer beeindruckt“ von ihm gewesen, erzählte sie 2018 in einem Interview mit der Zeit.

Vordenker Bill McKibben beeinflußte auch Neubauer

Dem Vorstand von Fossil Free gehörte 2018 auch der schwedische XR-Aktivist Bo Thorén an. Thorén gilt als der eigentliche Erfinder der Fridays for Future-Schulstreiks, hatte Kontakt zu Greta Thunberg aufgenommen, nachdem die damals  15jährige einen Schreibwettbewerb zum Thema Umwelt der Zeitung Svenska Dagbladet gewonnen hatte.

McKibben hingegen gilt als das Hirn der radikalen Klimagruppen. Schon 2007 publizierte er das Handbuch „Fight Global Warming Now“, in dem er beschreibt, wie lokale Gruppen politischen Druck erzeugen, Aufmerksamkeit in den Medien erlangen und Veranstaltungen planen.

Ein Handbuch hat neuerdings auch die Letzte Generation parat. Mit Anleitungen und rechtlichen Tips dazu, wie ihre Aktivisten Geldstrafen, Pfändungen und Schadenersatzforderungen umgehen oder verzögern können. Ein praktischer Leitfaden zum Vereiteln von Zwangsvollstreckungen. Geschrieben wurde das Handbuch von einem anonymen Kollektiv.

Auffällig daran: Der Leitfaden basiert auf der Gesetzeslage des Jahres 2019. Da war die Letzte Generation noch gar nicht gegründet, Extinction Rebellion hingegen schon. Die Spur ihrer damaligen anonym verfaßten „Bezugsgruppenreader“ führte zum Mehringhof in Berlin-Kreuzberg, einem Zentrum der linksextremen Szene.

Rechtsberatung durch die einschlägig bekannte linke Szene

Auch die letzte Seite des Handbuchs ist aufschlußreich. Dort ist ein großes A in einem Kreis eingezeichnet, das Symbol des Anarchismus. Auch auf der Internetseite black-mosquito.org wird der angebliche Leitfaden der Letzten Generation zum Herunterladen angeboten. Bei Black Mosquito handelt es sich um einen Internetversand für linksradikales Propagandamaterial, gegen den der Staatsschutz bereits 2017 wegen Plakaten mit der Aufschrift „Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf – Weg mit dem Verbot der PKK“ ermittelte.

Unter anderem bewirbt Black Mosquito regelmäßig die Aktivitäten der vom Verfassungsschutz beobachteten Roten Hilfe, die wiederum als sogenanntes Legal-Team Rechtsberatung für die Letzte Generation stellt. In Berlin-Kreuzberg verfügt die Rote Hilfe über ein Büro im besagtem Mehringhof. Klar ist auch: Wer das Handbuch geschrieben hat, besitzt juristische Kenntnisse. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat also die Rote Hilfe der Letzten Generation das Handbuch aufbereitet.

Auch die Bezahlung der LG-Mitarbeiter verläuft undurchsichtig. Die Gruppe selbst verfügt bis heute über keine Rechtsform. Statt dessen stellt ein Verein mit dem sperrigen Namen Wandelbündnis – Gesamtverband für den sozial-ökologischen Wandel e.V. mit Sitz in Berlin-Tempelhof die Arbeitsverträge für die LG-Aktivisten aus, sowohl als Minijob als auch in Teil- oder Vollzeit. Inhaltlich verantwortlich für die Internetseiten des Vereins ist Rudolf Langer aus Würzburg, hinter dessen Postadresse sich gleich ein ganzes Netzwerk an verschiedenen Impressum-Anschriften aus der Klima-Aktivisten-Szene verbirgt. Er war bis Februar 2022 auch einer von drei Vorsitzenden des Vereins, wurde aber von der chinesich-stämmigen Friederike Lilien Lan Abitz abgelöst.

Doch es ist die Letzte Generation, die in den sozialen Medien um Mitarbeiter wirbt. „Wir können dich bei der Deckung deiner Lebenshaltungskosten unterstützen. Du bekommst BAFöG und brauchst nur noch etwas mehr Geld monatlich zusätzlich? Du willst in Vollzeit für die Letzte Generation arbeiten und hast keinerlei andere Einnahmequelle? Für alles gibt es Möglichkeiten“, verspricht die LG. Und weiter: „Komm zum Einstiegsabend ‘Bezahlung’. Hier stellen wir vor, welche Möglichkeiten es gibt. Wenn du nach dem Abend weiterhin Interesse hast, tauschen wir uns persönlich mit dir dazu aus, was du vorhast und von uns gebrauchen kannst. Gemeinsam finden wir eine Lösung!“

Wer aber ist mit „Wir“ gemeint? Die Letzte Generation kann es nicht sein, sie ist nicht rechtsfähig. Und der Wandelbündnis-Verein will offenbar nicht gemeint sein, bestreitet jeglichen Erhalt von Geldern. Womit die „Initiative gemeinnützige Bildungsarbeit zur Unterstützung der Letzten Generation“ ins Spiel kommt, die wiederum dem Wandelbündnis angehört. Die Initiative erhalte einem „Transparenzbericht“ der LG zufolge die Zuschüsse vom CEF und investiere das Geld „in Kooperation mit der Letzten Generation in Bildungsarbeit“. 

Der Transparenzbericht war für die LG offenbar notwendig, nachdem Fragen über die Finanzierung der Gruppe immer lauter erklungen waren. Ingesamt hatte der Verein vergangenes Jahr über 901.000 Euro an Spenden gesammelt. 534.000 Euro wurden für Zimmer, Material und Rechtsberatung ausgegeben. Doch wer die Spender für den größten Ausgabeposten, nämlich die Bezahlung der Unterkünfte für die Aktivisten in Höhe von mehr als 250.000 Euro, sind, das bleibt im Dunkeln. 

Foto: Anhänger der Letzten Generation sitzen auf einer Straßenkreuzung: Das System zum Stocken bringen und Aufmerksamkeit erzeugen ist das Ziel der selbsternannten Klima-Retter