Bundestag einstimmig zu Völkermord an Jesiden
Berlin. Der Bundestag hat die Verbrechen der Terrorgruppe Islamischer Staat an den Jesiden als Völkermord eingestuft. Die Abgeordneten votierten einstimmig für die von der Ampel-Koalition und der Union vorgelegte Resolution. Damit hat erstmals ein europäischer Staat die Greuel an der religiösen Minderheit im Nordirak und Syrien im Jahr 2014 als Völkermord eingestuft. Während der Debatte kam es zu einem Eklat. Jesidische Vertreter hatten von der Besuchertribüne des Plenarsaals aus nach der Rede des Abgeordneten Martin Sichert (AfD) , der mit einer Jesidin verheiratet ist, applaudiert. Beifall von Zuschauern ist im Bundestag untersagt. Nur nach Sicherts Rede erregte dies jedoch bei Abgeordneten anderer Fraktionen Anstoß, die lautstark den Rauswurf der jesidischen Vertreter forderten. Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) beließ es bei einer Androhung der Räumung. Der Linken-Abgeordnete Jan Korte kassierte für seinen Zwischenruf („Scheiß Nazis!“) einen Ordnungsruf. (vo)
Urteil Obergrenze Parteienfinanzierung
Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat die von der Großen Koalition 2018 beschlossene Anhebung der Parteienfinanzierung kassiert. Die Anhebung der Obergrenze um 25 Millionen auf 190 Millionen Euro verstoße „gegen den Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien“. Der Gesetzgeber, hier die Mehrheit aus Union und SPD, habe „nicht ausreichend dargelegt“, daß der zusätzliche, aus eigenen Mitteln nicht aufzubringende Finanzbedarf der Parteien eine Anhebung der Obergrenze erfordert habe. Damit gaben die Karlsruher Richter einer Klage der Bundestagsfraktionen von FDP, Grünen und Linkspartei statt. „Der Staat darf den Parteien nicht mehr zuwenden, als sie unter Beachtung des Gebots sparsamer Verwendung öffentlicher Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen“, urteilte das Gericht. Die Parteien müßten nicht nur politisch, „sondern auch wirtschaftlich und organisatorisch auf die Zustimmung und Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger angewiesen bleiben“. Nur wenn der Mehrbedarf der Parteien auch gut begründet sei, könne der Eindruck vermieden werden, daß es eine „Selbstbedienung der Parteien aus öffentlichen Kassen“ gebe. Mit Blick auf die Privilegierung der Parteien im Grundgesetz als Mittler der politischen Willensbildung stellte das höchste Gericht fest, „daß im Volk ein ausreichendes Vertrauen in ihre Unabhängigkeit von staatlicher Einflußnahme“ bestehen müsse. Die Richter erkannten die Notwendigkeit der Parteienfinanzierung jedoch grundsätzlich an. Auch sei es durchaus möglich, daß die Parteien angesichts neuer Herausforderungen wie etwa der Digitalisierung mehr Geld benötigen. Dies müsse jedoch besser begründet werden. Parteien steht in Deutschland grundsätzlich eine staatliche Teilfinanzierung zu, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen, etwa wenn sie bei Europa- oder Bundestagswahlen mindestens 0,5 Prozent oder bei Landtagswahlen ein Prozent erhalten. Dann bekommen sie pro Stimme einen Grundbetrag. Die Höhe der staatlichen Teilfinanzierung darf bei einer Partei die jährlich selbst erwirtschafteten Einnahmen nicht überschreiten. Als unzulässig verworfen hat das Bundesverfassungsgericht unterdessen die Anträge, mit denen die AfD-Bundestagsfraktion die Verkürzung des parlamentarischen Verfahrens zur Verabschiedung des Gesetzes rügen lassen wollte, durch die sie sich in ihren Mitwirkungsrechten verletzt sah. (ho)
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