© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/23 / 27. Januar 2023

Zitate

„Was in Deutschland passiert, was in Europa passiert, hängt von den Entscheidungen ab, die in Washington, Moskau und Peking getroffen werden. (…) Europa ist mit Biden schlecht gefahren. Er ist ohne jede Abstimmung aus Afghanistan abgezogen und hat nicht genügend Abschreckung verbreitet, um Wladimir Putin vom Überfall auf die Ukraine abzuhalten, der Europa wirtschaftlich wesentlich härter getroffen hat als die USA. Es ist einfach so: Es gibt in den USA keinen pro-europäischen Präsidentschaftskandidaten. In Washington gibt es einen Konsens: China ist der Feind, auf den Pazifik kommt es an, und Europa ist ein Museum.“

Niall Ferguson, schottischer Historiker und Senior Fellow des Center of European Studies der Harvard University, in der „Welt“ am 19. Januar





„Vielleicht war es eher ungewöhnlich, daß es in den neunziger und den zweitausender Jahren in Deutschland so ruhig war. Unsere Generation war nicht sehr aktivistisch, es war eine absolut optimistische Zeit, mindestens ein Jahrzehnt lang hatte man nach der Wiedervereinigung den Eindruck: Alles wendet sich zum Besseren. Wir lebten am Ende der Geschichte. (...) Der Auslöser für die gegenwärtige Stimmung? Rückblickend würde ich schon sagen: die Flüchtlingspolitik des Jahres 2015. Da war der Wille zur Willkommenskultur so übermächtig, daß jeder, der eine andere Meinung, der auch nur praktische Fragen hatte, ganz schnell als ‘rechts’ dargestellt wurde.“

Juli Zeh, Schriftstellerin, in der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 21. Januar





„Meine These wäre, daß die Wirklichkeit irgendwann durchbricht. Man kann also schon eine Leitmedienrealität konstruieren, die jenseits der Wirklichkeit ist. Aber irgendwann wird sich die Wirklichkeit Platz nehmen. Wirklichkeit ist etwas, das ohne unser Wollen da ist, wo auch kein Journalist etwas dran machen kann. Dieser Krieg wird eine Wirklichkeit haben, die wir in unseren Leitmedien nicht finden, die aber nach einer gewissen Zeit einfach zur Kenntnis genommen werden muß, wenn es halt dauert mit dem Sieg der Ukraine, den die Leitmedien ja in den ersten Monaten jeden Tag haben vor der Tür stehen sehen.“

Michael Meyen, Professor für Kommunikationswissenschaften an der TU München, auf dem Youtube-Kanal der Journalistin Jasmin Kosubek am 22. Januar






„Was bringt Herrn Scholz so zum Zögern? Ist es die Angst vor einem Atomschlag? Das halte ich für baren Unsinn. (...) Da Scholz nicht spricht, wissen wir es nicht, und das führt dazu, daß alle spekulieren.“

Sönke Neitzel, Historiker, bei der ARD-Sendung „Anne Will“ am 22. Januar





„Seit Jahren verringert sich die Qualität des Standorts Deutschland. Die Abgabenlast steigt, die Infrastruktur verfällt, die Energiekosten sind nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine deutlich höher als in anderen Ländern. Digitalisierung bleibt ein Wahlkampfslogan der sonst offenbar auf Faxgeräte setzenden Politik. Die Industrieproduktion, die 2015 noch 25 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachte, hat heute nur noch einen Anteil von 19 Prozent. (...) Wer in diesem Umfeld die Gefahr der Deindustrialisierung verharmlost oder leugnet, unterschätzt die Unternehmen. Diese sind keineswegs verschlafen, sondern hellwach, wenn es um die Zukunft geht. Für immer mehr liegt diese Zukunft im Ausland.“

Daniel Stelter, Ökonom, auf seinem Blog „beyond the obvious“ am 23. Januar