© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/23 / 27. Januar 2023

Aufgeschnappt
Verirrt im Labyrinth des Wahnwitzes
Matthias Bäkermann

In der schönen neuen Geschlechterwelt kann man schon mal die Orientierung verlieren, was Satire oder ernstgemeinter Wahnwitz ist. So wie am Montag dieser Woche die Daily Mail. „Anstößig gegenüber Transfrauen“ sei ein über 55 Jahre alter Titel von Aretha Franklin, käute das Londoner Medienflaggschiff die Forderung der „Trans Cultural Mindfulness Alliance (TCMA)“ aus Oslo wider. Die 2018 verstorbene Queen of Soul verewige mit ihrem „beleidigenden Song schädliche Anti-Trans-Stereotype“. Gemeint sei Franklins Liebesballade „Natural Women“ von 1967. „So etwas wie eine ‘natürliche’ Frau gibt es nicht“, referierte die Zeitung brav die Empörung der TCMA-„Aktivisten“ und deren Forderung, daß Spotify und Apple Music den Song endlich aus ihrem Angebot entfernen, weil dieser sogar „verletzende Übergriffe auf Transfrauen“ provozieren könne. Erst höhnische Online-Kommentare, man habe den Satire-Hinweis wohl überlesen, veranlaßten die Zeitung etliche Stunden später, ihren Bericht zu „updaten“. Die Satiriker hinter dem Aufruf der vermeintlichen LGBTQ-Lobbyisten bekundeten zugleich auf Twitter, sie seien „fassungslos, daß nicht ein einziges Medienunternehmen auch nur versucht hat, sie für einen Kommentar zu kontaktieren“.