© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/23 / 20. Januar 2023

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Seit Menschengedenken gibt es unzählige Definitionen und Deutungen des Freiheitsbegriffs. Für mich klingt ganz gegenwärtig, profan und antiintellektuell der Sound der Freiheit nach einer Harley-Davidson. Allein das Aufsitzen auf eine solche Maschine und das Anlassen des Motors wirkt wie eine Bewußtseinsdroge. Bereits das satte Brummen erzeugt augenblicklich einen Glücksmoment. Die Seele schwingt in einen Zustand der Ausgeglichenheit. Das Herz jubiliert. Du wirst eins mit dir selbst. In einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung bestätigte der ehemalige Harley-Geschäftsführer Richard F. Teerlink schon vor zwei Jahrzehnten, eine Harley ersetze eine Psychotherapie. Sie klinge wie ein „fröhlicher Donner“. Der Enkel des Firmengründers und langjährige Chefdesigner der US-Kultmarke, Willie G. Davidson, soll einst das Bonmot geprägt haben: „Wer sich für eine Harley-Davidson entscheidet, erwirbt ein Lebensgefühl – das Motorrad gibt es kostenlos dazu.“ Gut, zugegeben, der zweite Teil des Satzes ist Marketing-sprech, der erste dafür um so treffender. In diesem Jahr nun feiert das Unternehmen aus Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin sein 120. Gründungsjubiläum. Aus diesem Anlaß findet in Europa im Sommer ein viertägiges Harley-Festival statt. Vom 22. bis 25. Juni treffen sich in Budapest Fahrer und Freunde rund um die Puskás Aréna im Zentrum der ungarischen Hauptstadt. Laut der Netzseite https://dailynewshungary.com werden rund 20.000 Teilnehmer zu einem abwechslungsreichen Unterhaltungsprogramm erwartet. Ebenfalls ganz im Zeichen des Firmengeburtstags werden hierzulande die großen „Harley-Days“ in Hamburg (19. bis 21. Mai) und Dresden (22. bis 24. Juli) stehen. Höhepunkte aller Events sind die jeweiligen Biker-Paraden durch die Städte.

Notizen über Sprache und Literatur, das Verlagswesen, Bücher, Autorschaft – und nicht zuletzt über das Lesen.

Fundstück im Netztagebuch „Acta diurna“ von Michael Klonovsky am 9. Januar: „Ständig referiert irgendwer in diesem Land über die sozialen Ursachen ethnisch-kultureller Konflikte. Nie aber referiert jemand über die ethnisch-kulturellen Ursachen sozialer Probleme.“


Es gibt Bücher für alles und jeden. Und es gibt die anderen, die eher sperrigen und doch ganz wundervollen. Ein solches Buch hat Jürgen Hosemann mit „Papierkorb“ (Berenberg Verlag, 128 Seiten, 20 Euro) vorgelegt. Der Lektor und Herausgeber im S. Fischer Verlag versammelt darin Notizen über Sprache und Literatur, das Verlagswesen, Bücher, Autorschaft – und nicht zuletzt über das Lesen. Beispiele: „Man muß viel lesen, um zu begreifen, wie wenig man lesen kann.“ „Dicke Bücher – selbst tausendseitige – sind kein Problem, wenn man sie nicht liest.“ – „Bevor wir als Autoren vergessen werden, müssen wir etwas hinterlassen haben, was man vergessen kann.“ – „Es gibt Autoren, die den Regen so beschreiben, daß du ihn vor dir siehst. Und dann gibt es Autoren, die ihn so beschreiben, daß du naß wirst.“ – „Gefährlich ist die Literatur immer: Entweder ist sie ein Angriff auf deine Dummheit oder ein Angriff auf deine Intelligenz.“ Ebenfalls schön: „Ich will keine Rechtschreibfehler haben in meiner Todesanzeige.“