© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/23 / 20. Januar 2023

Slim-thick – der prägende Look unserer Zeit
Unerreichbare Körperideale
(ob)

Der wichtigste digitale Laufsteg, der täglich präsentiert, was gerade „in“ ist, heißt Instagram – nach Whatsapp die größte Foto- und Kurzvideoplattform im Netz. Weltweit sind 1,5 Milliarden Menschen dort unterwegs. Hierzulande sind es geschätzte 32 Millionen, mehrheitlich  Jugendliche und junge Erwachsene, darunter viele weibliche Teenager, die regelmäßig Instagram-Auftritte von Models und „Beauty-Influencerinnen“ verfolgen. Sie orientieren sich somit, wie der freischaffende Sozialwissenschaftler Martin Hecht jüngste Studien zu diesem Phänomen referiert, „an künstlich perfektionierten, ‘cleanen’ Fotos, die zwar authentisch wirken, es allerdings selten sind“ (Gehirn & Geist, 2/2023). Untersuchungen von Cyberpsychologen kommen fast immer zu dem Ergebnis, daß der Vergleich des eigenen Aussehens mit dem der perfekt „geshapten“ Models problematisch ist. Denn ständige Vergleiche mindern das Selbstwertgefühl und machen unzufrieden mit dem persönlichen Erscheinungsbild. Den eigenen Körper nehmen Nutzerinnen dann oft als zu dick, zu untrainiert, zu unattraktiv wahr. Gerade „der prägende Look unserer Zeit“, von Psychologen „slim-thick“ getauft und verkörpert von US-Selbstvermarkterinnen wie Kim Kardashian (über 300 Millionen „Follower“), der das klassische Schlankheitsideal mit „kurvigen“ Merkmalen wie „‚kugelförmiger Bubble-Po und große Oberweite“ kombiniere, vertiefe dieses depressiv stimmende  Kontrastempfinden wegen seiner Unerreichbarkeit. Wohl deshalb steige die Zahl der Schönheitsoperationen bei vorwiegend jungen, nach „ästhetischer Selbstverbesserung“ gierenden Frauen seit Jahren an, allein 2021 um 15 Prozent. 


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