Wenn man im Zusammenhang mit Südtirol von „grenzüberschreitender Freundschaft“ spricht, so mag man sogleich an weitere deutsche Volksgruppen auf dem europäischen Kontinent denken. Doch darüber hinaus gibt es Völkerschaften, die aufgrund menschlicher und weit zurückliegender historischer Berührungspunkte verbunden sind.
So ist es auch zwischen den Südtirolern und der afrikaanssprachigen Minderheit in Südafrika. Diese, auch Buren oder Afrikaaner genannt, sind jene Nachfahren holländischer, deutscher, wallonischer und französischer Siedler, die seit dem 17. Jahrhundert vom Kap der guten Hoffnung aus Südafrika besiedelten. Mit der kolonialen Übernahme Großbritanniens im Jahre 1795 und der damit einhergehenden kulturellen Einschränkung der Afrikaaner lassen sich erste historische Erfahrungen ausmachen, die beide Völker gleichermaßen geprägt haben.
Grenzüberschreitende Freundschaft überwindet in diesem Fall sogar Kontinente.
Die Afrikaaner nahmen aufgrund der britischen Assimilierungspolitik ihr „Selbstbestimmungsrecht“ auf eigene Weise in Anspruch: Sie verließen zu Zehntausenden die britische Kapkolonie und zogen als sogenannte Voortrekker ins Landesinnere, um ihren Traum einer freien und eigenständigen Republik zu verwirklichen. Die britischen Kolonialherren fanden sich mit dem Freiheitsstreben der Buren nicht ab, und so kam es von 1880 bis 1881 zum ersten und von 1899 bis 1902 zum zweiten Burenkrieg.
In Tirol wurde zur damaligen Zeit dem Krieg im Tausende Kilometer entfernten Südafrika besondere Aufmerksamkeit gewidmet, da man sich an den Tiroler Freiheitskampf unter Andreas Hofer gegen die napoleonischen Heere im Jahr 1809 erinnert fühlte. In beiden Fällen stand ein kleines, bäuerlich geprägtes Volk gegen eine Großmacht, in beiden Fällen war die Ursache für den Freiheitskampf der Widerstand gegen einen imperialistischen Herrschaftsanspruch.
Diese Sympathien führten 1899 in Bozen zur Gründung eines „Bozner Burenvereins“, der sich ganz der Sache der Buren verschrieben hatte und mehr als hundert Jahre später im Jahre 2010 Vorbild zur Gründung des Vereins „Südtiroler Freundeskreis der Afrikaaner“ war. Die Ziele der beiden Vereine sind damals wie heute die gleichen: Gegenseitige Hilfe zum Schutz der Kultur und Bewahrung der Freiheit der beiden Völker zu ermöglichen. Der Südtiroler Verein arbeitet mit der südafrikanischen Solidarität-Bewegung zusammen, die mittlerweile 600.000 Mitglieder zählt, und gilt – trotz seiner zahlenmäßige Kleinheit – als wichtiger Ansprechpartner für die Südafrikaner, für die eine Autonomielösung nach Südtiroler Vorbild sehr interessant ist. Südafrika ist heute ein zentral verwalteter Staat, der seiner Völkervielfalt immer weniger gerecht wird.
Grenzüberschreitende Freundschaft überwindet in diesem Fall sogar Kontinente.