© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/23 / 13. Januar 2023

Pikante Parallelen
Andreas Mölzers Krimi über unheilvolle Geldkofferpolitik
Albrecht Rothacher

Wer hat den betrügerischen Langzeitstudenten und Verwalter der Auslandskonten, die von Saddam Hussein und Gaddafi für den beliebten rechtspopulistischen Kärntner Landeshauptmann namens Seidel gefüllt worden waren, ermordet und in einer Riesen-Mortadellahülle eingefroren? Alles ging gut, bis besagter Landeshauptmann für seine neue „zitronengelbe“ Bewegung viel Geld brauchte und ein Gutteil des Schwarzgeld-Schatzes – bei dem Milliarden-Schwindler Madoff angelegt – plötzlich als verloren galt. Da halfen auch Kredite der Mafia wenig, die diese alsbald fällig stellte. Auch sind die alten Nazis in Paraguay wenig von der neuen Bewegungsgründung erbaut, haben sie doch über einen Südtiroler Nenn-Onkel dem Parteichef ein schönes Rittergut an der slowenischen Grenze spendiert, um ihn für seine patriotische Arbeit neben Geldspenden wirtschaftlich abzusichern. 

Es gibt also etliche Motive, um dem ungetreuen Vermögensverwalter nach dem Leben zu trachten. Was im Untertitel auf den ersten Blick etwas überfrachtet wirkt, stellt sich jedoch bald als sehr intelligent konstruierter, stringent verwobener Handlungsstrang heraus, der von einem frohgemuten Dreier-Team ältlicher Villacher Amateur-Detektive auf der Suche nach den Resten des Schatzes und dem Täter aufgedröselt wird. Auch attraktive Frauen der etwas verruchten Sorte dürfen nicht fehlen. Dabei ist jener Polit-Krimi spannend und auf intelligente Art unterhaltsam bis zur letzten Seite, zumal der Leser stets geneigt sein dürfte, den einen oder anderen leicht verfremdeten Hauptdarsteller als reale Persönlichkeit der Kärntner und Wiener Politik dank trefflicher Charakterisierungen wiedererkennen zu wollen.

Auch von realem Interesse ist das Schicksal der nahöstlichen Spender und ihrer Empfänger –hier Saddam und Gaddafi einerseits und der 2008 tödlich verunfallte Jörg Haider andererseits –, wo die Politik der gefüllten Geldkoffer allenthalben Unheil stiftet – wie aktuell die katarischen und marokkanischen Geldbündel der Al-Thanis und von König Mohammed VI. in Brüssel. So mußte Gaddafi 2011 sterben, weil er Nicolas Sarkozy 2007 illegal den Wahlkampf finanziert hatte und er ihn damit erpressen wollte. Auch „Kaiser“ Bokassa aus Zentralafrika bekamen seine anschmeichelnden Diamantengeschenke an Giscard d’Estaing letztlich schlecht. Als sie ruchbar wurden, wurde er 1979 von französischen Fallschirmjägern gestürzt und ins Exil getrieben. 

Auch der Krieg von George W. Bush gegen Saddam Hussien von 2003 hatte bekanntlich nichts mit dessen inexistenten Massenvernichtungswaffen zu tun. So bleiben denn auch im wirklichen Leben wie im spannenden Mortadella-Polit-Krimi manche Antworten auf spannende Fragen der informierten Phantasie des Lesers überlassen.

Andreas Mölzer: Mortadella. Ein politischer Schelmenroman zwischen Saddam Hussein, Reichsrassehauptamt und ’Ndrangheta. Gerhard Hess Verlag, Bad Schussenried 2022, broschiert, 320 Seiten, 18,90 Euro