Seit Jahren gibt es Streit um die Algorithmen der großen Tech-Konzerne. Orwellsche 84er aus der Politik wollen in ihrer Kontrollwut den totalen Einblick in die Codes der sozialen Netzwerke, auf denen diese Empfehlungen und Vorschläge basieren. Doch Facebook & Co. weigern sich bisher mit Verweis auf das Geschäftsgeheimnis, diese Unternehmensinterna offenzulegen. Was freilich nicht heißt, daß nicht längst im Sinne der Mächtigen fleißig an der Sichtbarkeit und Reichweite einiger unliebsamer Profile geschraubt wird – nach unten versteht sich. Da die Programmierungen nicht öffentlich sind, fehlt es bis auf die Musk-Enthüllungen der Twitter-Akten an klaren Beweisen. Die Indizien sprechen jedoch für sich; ein Selbstversuch bei Instagram.
Im ersten Schritt wird eine bunte Mischung an 08/15-Accounts geliket: Modeinfluencer, Autos, Sport, Comedy, Reisen, VIP-Tratsch. Prompt reagieren die Vorschläge. Beiträge von anderen entsprechenden Seiten werden eingeblendet. Stylische Klamotten, schicke Karren, exotische Panorama-Aufnahmen, boulevardeske Videos. Mein Hang zu klassischer Herrenmode, MMA, Oldtimern und Urlaub in der Natur wird zunehmend richtig analysiert.
Meine mit Likes ausgedrückten Vorlieben interessieren Instagram plötzlich nicht mehr.
Zweiter Schritt: Nun wird rechtskonservativen Seiten gefolgt wie Deutschlandkurier, „Achtung, Reichelt!“ oder Junge Alternative. Doch was ist das? Explodierten die „vorgeschlagenen Beiträge“ im ersten Durchgang, herrscht jetzt nordkoreanische Angebotsflaute. Aus der rechtskonservativen Bubble, aus der logikgemäß eigentlich weitere ähnliche Seiten sprudeln müßten, kommt so gut wie nichts. Meine durch Likes ausgedrückten Vorlieben scheinen plötzlich keinen mehr bei Instagram zu interessieren, sobald sie vom gewöhnlichen unpolitischen Mainstream ins böse rechte Lager wechseln.
Während ich bei Schritt eins mit Optionen für meine Kontensammlung überhäuft werde, gibt es bei Schritt zwei keine neuen, mir bisher noch unbekannten Entdeckungen. Mein Fetisch rechter Satire, Literatur und Nachrichten wurde nicht erkannt – oder soll nicht bedient werden. Vielleicht ist es so betrachtet doch sinnvoll, wenn die Internetkonzerne mal ihre Algorithmen offenlegen müssen.