© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/23 / 13. Januar 2023

Carl Schmitt und die Welt der bewegten Bilder
Kunst ohne Präsenz
(ob)

Am 5. Februar 1933 schaut sich Carl Schmitt „FP 1 antwortet nicht“ an, einen futuristisch angehauchten Abenteuerfilm mit Hans Albers und Sybille Schmitz, der sich um die Sabotage einer für Interkontinentalflüge im Atlantik zwischen Westafrika und Südamerika eingerichteten Flugplattform dreht. Ein durchaus passendes Sujet für den Berliner Staats- und Völkerrechtler, der sich seit den 1930ern als Experte für „Raumrevolutionen“, vom Land zum Meer, vom Meer zur Luft und schließlich zum Weltraum, profilierte. Der Streifen schließt das biographische Intermezzo „Carl Schmitt und der Film in der Weimarer Republik“ ab, dem sich Angela Reinthal und Matthias Hurst in der jüngsten Jahresgabe der Carl-Schmitt-Gesellschaft widmen (Plettenberger Miniaturen 15, Berlin 2022). Ging doch Schmitt in der NS-Zeit, als die Ufa-Traumfabrik 1.500 überwiegend „unpolitische“, Unterhaltungszwecken dienende Filme produzierte, nicht mehr ins Kino. Das sei in den Jahren zuvor ganz anders gewesen, wie Reinthal und Hurst anhand der Tagebuch-Eintragungen seit 1927 nachweisen. Ideologisch nicht gebunden, interessierte ihn damals bolschewistische Agitation wie Sergej M. Eisensteins „Oktober. Zehn Tage, die die Welt erschütterten“ genauso wie Preußens Glorifizierung in „Das Flötenkonzert von Sanssouci“. Doch das Fazit seiner cineastischen Erlebnisse lautete: Kino sei eine „Kunst ohne ‘Präsenz’“, die ihr Publikum zum „unterirdischen Vegetieren“ verdamme. Dieses Verdikt dehnte Schmitt später auf ähnliche Medien der Massenbeeinflussung wie Rundfunk und Television aus, deren Ablehnung er privat kultivierte, denn er besaß nie ein Radio oder einen Fernseher. 


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