© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/23 / 06. Januar 2023

Die inkonsequente deutsche Verbotsdebatte um die Silvester-Böllerei
Fahrräder verbieten!
Ulrich van Suntum

Schon vor dem Jahreswechsel wurde wieder ein Verbot der Böllerei gefordert. Die großen Baumärkte verbannten Feuerwerksartikel in vorauseilendem Gehorsam aus ihrem Sortiment. Dafür machten Aldi, Lidl und Penny sowie Versandhändler nach zwei Jahren Corona-Einschränkungen ein Bombengeschäft. Aber weil „Pyrotechnik ganz gezielt als Waffe gegen Menschen eingesetzt“ wurde, wiederholte die Gewerkschaft der Polizei in Berlin zu Neujahr ihre Verbotsforderung. Deutschlandweit waren zudem Hunderte Verletzte zu beklagen. Hinzu kommt unnötiger Lärm und Feinstaubbelastung – ein Verbot hätte also nur Vorteile.

Mit ähnlichen Argumenten wird für Tempo 100 auf Autobahnen, Dieselverbote und ein Verbot von SUVs geworben. Auch Ski- und Motorradfahren sind gefährlich. E-Autos müßte man im Winter stillegen, denn dann „verursachen“ sie mehr CO2 als Verbrenner, wie eine aktuelle Studie der Uni Karlsruhe vorrechnet. Sonne und Wind liefern weniger Strom, so daß Tesla & Co. mit fossiler Energie betankt werden. Selbst bei rein erneuerbarer Energie müßte ein E-Auto laut TÜV erst einmal 30.000 Kilometer fahren, um in der CO2-Bilanz mit einem Verbrenner gleichzuziehen. Bis dahin sind allerdings viele davon längst ins Ausland verscherbelt worden.

Am schlimmsten aber ist das Fahrradfahren! 18,6 Prozent aller Verkehrsunfälle mit Personenschaden sind laut offizieller Statistik auf eigenes Fehlverhalten der Pedalritter zurückzuführen. Das sind mehr als alle durch Autoraser und Alkohol verursachten Unfälle zusammengenommen (14,2 Prozent). Hochgerechnet gehen damit rund 500 Getötete und 60.000 Verletzte auf das Konto der Radelnden. Man müßte jahrzehntelang böllern, um auf ähnliche Zahlen zu kommen. Ein Wunder ist das nicht – schließlich haben Fahrräder weder Knautschzone noch Airbags und kippen zudem leicht um. Klimafreundlich ist das Biken auch nicht: Die verhinderten Lance Armstrongs stoßen viel mehr CO2 aus, als wenn sie im Auto oder Bus sitzen würden. Sie reduzieren auch kaum die Emissionen des Kfz-Verkehrs, anders als immer behauptet wird. Zum einen fahren viele Hobbyrennfahrer und Rentner nur zum Spaß in der Gegend herum – Freizeittouren machen 45 Prozent aller Fahrradfahrten aus. Ohne Drahtesel säßen sie vermutlich auf dem Heimtrainer oder im Seniorensessel, was auch gesünder für die meisten wäre. Zum anderen entfallen ohnehin nur 3,1 Prozent aller gefahrenen Personenkilometer auf die Radelei. Einen meßbaren Klimaeffekt hätte sie also selbst dann nicht, wenn dadurch Pkw-Fahrten im gleichen Umfang entfallen würden. Stattdessen steigt nur massiv die Verletzungsgefahr an, die beim Rad etwa 15mal so hoch ist wie beim Autofahren.

Besonders schlimm ist es seit dem Aufkommen der E-Bikes geworden. Sie sind schnell und schwer und überfordern damit viele der rasenden Rentner. Statt sie zum „Klimaradeln“ zu animieren, sollte man ihnen lieber ihre zweirädrigen Selbstmordinstrumente wegnehmen. Apropos Selbstmord: 2021 verübten 9.215 Menschen Suizid in Deutschland, das sind mehr als dreimal soviel wie im Straßenverkehr umkamen (2.562). Auch sich umzubringen muß daher dringend unter Strafe gestellt werden. Es bietet sich dafür die Konfiszierung des gesamten Nachlasses an – zugunsten eines weiteren Ausbaus unseres Nanny-Staates.





Prof. Dr. Ulrich van Suntum lehrte bis 2020 VWL an der Wilhelms-Universität Münster.