© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/23 / 06. Januar 2023

Relevanz der Woche
Verschiedene
Christian Vollradt

Jeder kennt’s, der schon mindestens einmal an der Sitzung eines Sportvereins, Partei-Kreisverbands oder an einem Klassenelternabend teilgenommen hat: Der letzte Punkt der Tagesordnung lautet stets „Verschiedenes“. Das ist bewußt unkonkret, da kann alles oder nichts auf den Tisch kommen, denn das Konkrete – Wahlen, Entlastungen zum Beispiel – wurde ja schon vorher abgefrühstückt. Wenn nicht wenigstens die Aussicht auf ein kühles Bier danach die Teilnehmer zur Disziplin erzieht, können Debatten zu den diversen Punkten gern ausufern. Divers, also nicht eindeutig zuzuordnen, lautet auch die 2008 vom Bundesgesetzgeber eingeführte Option in der Rubrik Geschlechts-eintrag im Melderegister. Wer sich nicht mit der Eingruppierung als Frau oder Mann begnügen möchte, kann diese neue Variante wählen. Allerdings scheint das in etwa so beliebt zu sein wie ein zäh in die Länge gezogener Monolog zum TOP Verschiedenes bei der Jahreshauptversammlung des Kleintierzüchtervereins „Angora Glück auf“ Wanne-Eickel. Denn sogar in der trendbewußten Hauptstadt haben laut jüngster Auskunft der Verwaltung für Inneres insgesamt lediglich 137 Berliner ihren Eintrag zu „divers“ ändern lassen. Bei rund 3,7 Millionen Einwohnern sind das gerade mal 0,037 Promille. (Übertragen auf den Blutalkoholwert würde das also „stocknüchtern“ bedeuten.) Die meisten solcher Divers-Einträge beträfen Menschen zwischen 20 und 50 Jahren, zitierte der Sender rbb24 einen Senatssprecher. Für Neugeborene habe es bisher keinen einzigen Eintrag mit „divers“ gegeben. Im benachbarten Potsdam, Landeshauptstadt Brandenburgs, ließen sich bislang drei Personen – von 186.200 Einwohnern – als divers registrieren. Eine Premiere verzeichnete das märkische Oranienburg, wo in diesem Jahr ein Einwohnendes die erste Änderung zu weder-noch beantragt hatte.