© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/23 / 06. Januar 2023

Schau mal, wer da böllert
Silvester-Krawalle: Politiker uneins, ob Feuerwerk oder eher junge Einwanderer für die Attacken auf Rettungskräfte verantwortlich sind
Martina Meckelein

Nach den Krawallen zum Jahreswechsel und den Anschlägen auf Feuerwehr, Notärzte und Polizeibeamte ist eine Diskussion entbrannt: Hilft gegen solche Ausschreitungen ein Böllerverbot? Oder ist solch ein Verbot untauglich, weil es den Kern des Problems, nämlich den Migrationshintergrund der Täter ausklammert?

„Chaoten und Gewalttäter haben mit einer massiven Brutalität Polizei- und Rettungskräfte attackiert, mit Böllern und Raketen beschossen, behindert, bedroht und in große Gefahr gebracht“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). „Das ist ein Ausmaß an Gewalt, das fassungslos und wütend macht.“ Faeser behauptete, daß die Strafvorschriften zum Schutz von Polizei- und Rettungskräften in den vergangenen Jahren zu Recht erheblich verschärft worden seien. „Jetzt müssen diese Strafvorschriften gegen Chaoten und Gewalttäter mit aller Konsequenz angewandt und durchgesetzt werden.“

Auf der Regierungspressekonferenz am Montag stellte ein Journalist der Sprecherin des Innenministeriums, Sonja Kock, folgende Frage: „Haben Sie ein Bild von den Angreifern? Was sind das für Menschen? Sind es Jugendliche, sind es Ältere, sind es Deutsche, sind es Leute mit Migrationshintergrund? Haben Sie da einen Schnitt?“ Kock antwortete darauf: „Es ist noch sehr früh, um das schon beurteilen zu können. Wie Sie wissen, ermitteln die Länder, und ich kann mir nicht vorstellen, daß die Länder bereits eine genaue Übersicht zu den Tatverdächtigen haben.“ Nicht nur in Berlin, im gesamten Bundesgebiet kam es zu massiven Ausschreitungen, wie zum Beispiel in Hamburg, Essen, München oder auch Dresden.

Der innenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Gottfried Curio, bezeichnete die Einlassungen Faesers als „bloße Aneinanderreihung von Worthülsen“. Vor dem Hintergrund von 4.000 Einsätzen, 33 verletzten Einsatzkräften und über 100 festgenommenen Personen in der Silvesternacht sagte er: „Besonders bezeichnend wieder einmal, daß über den Elefanten im Raum – die Identität der vorrangigen Tätergruppen – in sämtlichen offiziellen Verlautbarungen nicht gesprochen wird.“ Während die Politik – zur Verschleierung der Täterschaft – lieber die Bevölkerung als ganze belasten wolle und ein allgemeines Böllerverbot in die Diskussion bringe, mache etwa im Brennpunkt Berlin-Neukölln ein angegriffener Polizei-Beamter seiner Empörung Luft: ‘das waren fast ausschließlich Migranten und Zuwanderer’“, so Curio.

„Endlich über Probleme statt über Symptome sprechen“

Auch berichtet ein Feuerwehrmann, der in der Silvesternacht im Einsatz war und mit seinen Kameraden in einen Hinterhalt gelockt worden war: „Ich nenne das Kind beim Namen. Die Leute, die hier auf uns geschmissen haben, diese ganzen Böller, Knaller, die Flaschen, das waren keine Linksautonomen, die irgendwie ein Problem mit dem System haben, das waren junge Heranwachsende, großenteils mit Migrationshintergrund. Das sage ich, obwohl ich einen Migrationshintergrund habe.“ Die Welt zitiert Lars Osburg, den stellvertretenden Landesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Es gehe immer um die gleiche Klientel: „Jung, männlich, von einem Migrationshintergrund geprägt.“ Eine Ausweitung des Böllerverbots hält Osburg für nicht machbar. Die Kräfte der Polizei reichten nicht, um eine derartige Anordnung durchzusetzen.“

Doch nicht nur die AfD und Einsatzkräfte, auch innerhalb der CDU werden die Stimmen lauter, die nach den kulturellen Wurzeln der Gewalttäter fragen. CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries: „Wir müssen endlich über die Probleme und nicht über die Symptome sprechen.“ Das diskutierte Böllerverbot lehne er laut Tagesspiegel ab. „Niemand muß glauben, daß diese jungen Männer nächstes Jahr Wachs gießen und sich an Wunderkerzen erfreuen, nur weil es ein Böllerverbot gibt.“ Und die baden-württembergische Landtagsabgeordnete Sarah Schweizer (CDU) schrieb auf Facebook: „Wir brauchen kein Böllerverbot und auch nicht immer weitere Strafverschärfungen. Sondern eine Debatte darüber, wie wir mit Menschen in unserem Land umgehen sollen, die weder integrationsfähig noch integrationswillig sind.“