© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/23 / 06. Januar 2023

Mal schauen, was da so kommt
Blick auf 2023: Das Jahr beginnt mit – vermeintlichen – Geldgeschenken der Bundesregierung. Die Quittung dafür dürften Deutschlands Steuerzahler später erhalten
Paul Rosen

Das Jahr 2023 beginnt für viele Deutsche mit einer Geldschwemme. Preisbremsen bei Strom und Gas sollen zudem die Ausgaben für Energie reduzieren. Zunächst wird aber aus Hartz IV ein mit verbesserten Leistungen ausgestattetes Bürgergeld. Zudem werden das Kindergeld, das Wohngeld und der steuerliche Grundfreibetrag erhöht. Ein bundesweit geltendes 49-Euro-Ticket („Deutschlandticket“) soll den öffentlichen Nahverkehr attraktiver machen.

Damit will sich die Koalition auch wegen der vier bevorstehenden Landtagswahlen bei den Bürgern einschmeicheln. Den Anfang macht die Hauptstadt Berlin, wo die Abgeordnetenhauswahl am 12. Februar wegen zahlreicher Pannen bei der Wahl 2021 wiederholt werden muß. Grüne und SPD streiten hier um den ersten Platz in der Wählergunst, und ob Franziska Giffey (SPD) Bürgermeisterin bleibt oder Bettina Jarasch (Grüne) ihre Nachfolgerin, ist die entscheidende Frage der Wahl. Am 10. Mai folgt die Wahl im kleinsten Bundesland Bremen. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) ist zwar der unbekannteste Länderchef Deutschlands, kann sich aber in seinem Heimatland Hoffnungen auf eine weitere Amtsperiode im Rathaus machen.

Von größerer Bedeutung sind die Landtagswahlen in Hessen und Bayern im Herbst. In Hessen regiert seit 2014 ein Bündnis von CDU und Grünen, das von den Christdemokraten als Blaupause für ein mögliches Regierungsbündnis auf Bundesebene angesehen wird. Der Übergang vom zurückgetretenen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) auf Boris Rhein (CDU) gelang problemlos; allerdings konnte Rhein bisher nicht aus dem ohnehin nicht besonders langen Schatten seines Vorgängers heraustreten.

Ob der Kanzler die Kraft für ein weiteres Machtwort hat?

Schicksalhaft für die CSU wird im Herbst die Landtagswahl in Bayern. Ministerpräsident Markus Söder, der seine politischen Positionen zum Beispiel bei Corona oder Atomkraft mit atemraubender Geschwindigkeit wechselte, will nach fünf Jahren Koalition mit den ungeliebten Freien Wählern wieder allein mit der CSU regieren. Allerdings sprechen die bisherigen Umfragen dagegen. Eine Rückkehr zur alten Form wird auch dadurch erschwert, daß die CSU ihren bundesweiten Anspruch weitgehend aufgegeben hat und zu einer Regionalpartei zusammengeschmolzen ist. In der vom Vorsitzenden Alexander Dobrindt geführten Landesgruppe im Bundestag regiert das Mittelmaß. Es gibt keinen CSU-Politiker im Bundestag mehr, dem es gelungen wäre, sich bundespolitisch einen Namen zu machen.

Zu den wichtigen innenpolitischen Vorhaben der Koalition gehört das sogenannte Demokratiefördergesetz, um ein „Bollwerk gegen Extremismus“ (JF 52/22) zu schmieden, so Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Es ist aber zu erwarten, daß mit diesem Gesetz ein linkes Netzwerk angelegt wird, das sich bundesweit insbesondere dem sogenannten Kampf gegen Rechts widmen dürfte. 

Für die Menschen dürften der Ukraine-Krieg und seine Folgen besonders für die Wirtschaft weiterhin das bestimmende Thema im neuen Jahr sein. Die Versorgung mit Energie und vor allem mit bezahlbarer Energie wird die politische Debatte wohl weiter beherrschen. Die mit einem Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz gegen die Grünen durchgesetzte Verlängerung der Laufzeiten der letzten drei deutschen Atomkraftwerke endet am 15. April. Es ist die Frage, ob Scholz noch die Kraft für ein weiteres Machtwort zur erneuten Verlängerung der Laufzeiten hat oder ob die Politik andere Lösungen findet. Denn ab Januar beginnt auch das Öl-Embargo gegen Rußland. Mit Öl von dort wurde bis zum Jahreswechsel die Raffinerie in Schwedt in Brandenburg versorgt.

Wirtschaftsminister Robert Habeck, der alle Fehlschläge und Fehleinschätzungen bei der Energiebeschaffung offensichtlich unbeschadet überstanden hat und an dem auch die immer stärker werdende Wirtschaftskrise abprallt, bleibt der grüne Hoffnungsträger und Reservekanzler. Er bestimmt nach wie vor die politische Agenda, die ein kohlendioxidfreies Deutschland vorsieht – mit verschärftem Klimaschutzprogramm, vorgezogenem Braunkohle-Ausstieg sowie noch mehr Windrädern und Photovoltaikanlagen. Eine Nutzung heimischer Gasreserven mit Fracking ist kein Thema. Lieber wird mit Fracking gefördertes Erdgas aus Amerika und anderen Förderländern zu exorbitant hohen Preisen eingekauft und über die gerade in Betrieb genommenen oder kurz vor der Fertigstellung stehenden LNG-Terminals in das deutsche Gasnetz eingespeist.

Während Scholz und Habeck an den neuen LNG-Terminals vor Kameras posieren, spielen die Kosten keine Rolle. Nach Berechnung des Münchner ifo-Instituts belasteten die teurer gewordenen Energieimporte in den Jahren 2021 und 2022 die Volkswirtschaft mit hundert Milliarden Euro zusätzlich. Da der Staat die zu hohen Energiepreise entweder subventioniert oder Unternehmen wie Uniper gleich ganz verstaatlicht, explodiert die Staatsverschuldung, zumal auch die Zinsen steigen, was der Regierung ein weiteres Problem beschert: Der Wohnungsbau implodiert. Und die Zinskosten des Bundes für seine Schulden sollen im kommenden Jahr schon 30 Milliarden Euro betragen, 13,3 Milliarden mehr als 2022. 2021 waren es noch 3,9 Milliarden. Am Ende wird die Rechnung an die Bürger gehen, die zu Beginn dieses Jahres Leistungen wie aus dem Füllhorn erhalten. Denn die Schulden von heute sind immer die Steuern von morgen.