© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/22 / 16. Dezember 2022

Frisch gepreßt

Denkverbote. Der promovierte Naturwissenschaftler Heinrich Zettler ist als mittelständischer Unternehmer tätig. Daneben ist Zettler, wie der Leser schon nach der Lektüre der ersten Kapitel mit einer Mischung aus Erstaunen und Bewunderung feststellt, aber auch ein weit über den Durchschnitt informierter Zeitgenosse. Damit genügt er eigentlich den hohen Ansprüchen, die Demokratietheoretiker an den mündigen Bürger stellen. Denn optimal teilnehmen an demokratischer Willensbildung kann für sie nur, wer geistig unabhängig ist und selbstdenkend den Mut zum autonomen Handeln findet. Dieser ideale wache Bürger mit lebendigem Interesse an Politik ist jedoch heute in westlichen Demokratien eher ein Auslaufmodell. Für das, was ihm an „Teilhabe“ noch bleibt, ist er auf ohnmächtige Leserbriefe und Interventionen in den sozialen Medien verwiesen. Oder, in seltenen Fällen, er wird Buchautor und schreibt wie Zettler eine kleine Enzyklopädie jener Denkverbote, mit denen sich Demokratien gerade selbst abschaffen. Der Verfasser greift in seiner Analyse des Zeitgeistes weit aus. Seine Themenpalette reicht von der „Sprache als Werkzeug zum Betrug“ über das vertraute Phänomen der „Schweigespirale“, über die Manipulationen der öffentlichen Meinung bis hin zum Krebs der Korruption, der auf allen Ebenen des politischen Systems wuchert. Das letzte Kapitel überschreibt Zettler daher konsequent mit „Am Sterbebett der Demokratie“. (ob)

Heinrich Zettler: Denkverbote. Die Diktatur des Postfaktischen.Gerhard Hess Verlag, Bad Schussenried 2022, gebunden, 490 Seiten, 24,90 Euro





Lebensschutz. Tagtäglich werden voller Alarmismus vermeintliche Mißstände angeprangert. Umweltschutz, Klimaschutz, Tierschutz oder Verbraucherschutz bekommen laut der Bundesvorsitzenden der Christdemokraten für das Leben, Mechthild Löhr, große mediale Aufmerksamkeit. Das Thema Lebensschutz finde trotz seines hohen Verfassungsrangs hingegen keine gebührende Beachtung. Gemeinsam mit weiteren Lebensschützern beleuchtet Löhr in einem Sammelband verschiedene Perspektiven auf das Thema Abtreibung. Es geht um rechtliche Fragen, die Rolle der EU und die Handhabung in anderen Ländern. Dabei räumt sie mit Mythen auf. Was viele nicht wissen: Es sind meist nicht die jungen, noch in der Ausbildung stehenden Frauen, die abtreiben. Rund 40 Prozent sind bereits verheiratet, etwa 60 Prozent haben schon ein Kind. Auch Alexandra Maria Linder vom Bundesverband Lebensrecht entkräftet ein anderes Argument von Abtreibungsbefürwortern: Daß die Zahl der Eingriffe sinke, sobald sie legal würden, treffe, soweit man es überblicken könne, auf keinen einzigen Staat zu. (zit)

Bernward Büchner, Claudia Kaminski, Mechthild Löhr (Hrsg.): Abtreibung. Ein neues Menschenrecht? Lindenbaum Verlag, Beltheim 2022, broschiert, 261 Seiten, 18 Euro