© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/22 / 16. September 2022

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Kürzlich postete ein kunstsinniger Facebook-Freund von mir, den ich auch im realen Leben kenne, den Ausschnitt eines Gemäldes, der mich sofort elektrisierte. Weil ich weder das Bild noch den Maler identifizieren konnte, bat ich um nähere Auskunft – und erhielt prompt nur wenige Tage später dankenswerterweise einen Ausstellungskatalog zugeschickt. Bei dem Künstler handelt es sich um Terry Rodgers, einen US-Amerikaner aus New Jersey, der vergangenen Sonntag 75 Jahre alt geworden ist. Laut seiner Netzseite konzentriert er sich in seiner aktuellen Arbeit auf die „Darstellung zeitgenössischer Körperpolitik“ und eines „imaginären Freizeitlebens“ als „ikonische Vision der Spannungen und Verwirrungen, die in der heutigen Gesellschaft herrschen“. In Europa hatte er zuletzt 2019 eine Einzelausstellung in Amsterdam.

Botho Strauß’ Distanz zum Geschwätz der Massen wirkt ungemein wohltuend.

Endlich mal wieder Muße, in das Werk von Botho Strauß hineinzulesen, vor allem in die vor genau 25 Jahren erschienene Gedankensammlung „Die Fehler des Kopisten“ (Hanser Verlag). Die darin in vielen Notaten zum Ausdruck kommende Distanz zum Geschwätz der Massen wirkt ungemein wohltuend. Drei Beispiele gefällig?

1. „Die Unmasse an Albernheit bedrückt nur deshalb so stark, weil wir als Demokraten dazu erzogen sind, an allem und jedem uns gemeinsinnig beteiligt zu fühlen und auch dort noch lebhaft Anteil zu nehmen, wo Heerscharen von Lemuren ihre Späße treiben.“ 2. „Nötiger denn je hat die Demokratie eine ihr abtrünnige Instanz, zu der sie eine lebhafte Spannung unterhielte. Also der geheime Körper des Widersachers, der magische Schlaf des Königs im Berg? Nein. Es genügt ein klares Herz. In seinem Herzen ist niemand Demokrat.“ 3. „Es ist auf verlorenem Posten möglich zu sehen, was die ‘Wächter der Demokratie’ in ihrer Mitte offenbar nicht sehen können: zwei Drittel Wüste das bewachte Gebiet.“

Wer sich für Tierfilme interessiert, wird seinen Namen kennen: Andreas Kieling. Seit dreißig Jahren widmet sich der einst aus der DDR geflohene Dokumentarfilmer seiner Leidenschaft auf Reisen unter anderem nach Alaska, in den Yellowstone-Nationalpark, nach Madagaskar, Südafrika, Australien, Indien und Indonesien. Aus Anlaß dieses Jubiläums erscheint am Donnerstag der kommenden Woche bei National Geographic ein Großporträt von ihm samt Rückblick auf sein Lebenswerk (Andreas Kieling – 30 Jahre Tierfilm. Wilde Tiere, weite Welt und große Abenteuer, gebunden, 288 Seiten, ca. 280 Abbildungen, 49,99 Euro). Empfehlenswert!