© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 27/22 / 01. Juli 2022

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Die Pension gesichert
Paul Rosen

Die Hausmitteilung Nummer 178/2022 des Referats ZV1 der Bundestagsverwaltung las sich trocken: „Mit Ablauf des 31. August 2022 wird der Direktor beim Deutschen Bundestag, Staatssekretär Dr. Lorenz Müller, in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Auf Beschluß des Präsidiums des Deutschen Bundestages vom 22. Juni 2022 wird Ministerialdirektor Dr. Michael Schäfer, Leiter der Abteilung I – Information und Dokumentation –, mit Wirkung vom 1. September 2022 neuer Direktor beim Deutschen Bundestag.“ Doch hinter der Hausmitteilung verbergen sich zwei Botschaften: Die eine ist der sozialdemokratische Durchmarsch durch die Verwaltung. Die andere Botschaft ist, wie einem Spitzenbeamten ein fetter Pensionsanspruch generiert wird.

Direktor beim Deutschen Bundestag ist die höchste Position, die ein Beamter in der Bundestagsverwaltung erreichen kann. Sie entspricht dem Rang eines Staatssekretärs. Die Besoldung erfolgt nach Besoldungsgruppe B11, was ein Grundgehalt von 14.749 Euro im Monat mit sich bringt. Hinzu treten diverse Zulagen. Staatssekretäre sind politische Beamte, „zu deren Amtsausübung die fortdauernde Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung erforderlich ist“, wie es im Bundesbeamtengesetz heißt. Als der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) im August 2020 Lorenz Müller zum Direktor beförderte, war diese fortdauernde Übereinstimmung gegeben. Müller gilt als CDU-nah, wenn auch mit grünen Einsprengseln. Seinen damaligen Chef dürfte das nicht gestört haben. 

Bei der Bundestagswahl 2021 wurde die SPD stärkste Partei. Bärbel Bas (SPD) wurde neue Präsidentin. Damit wäre wegen politischer Differenzen eigentlich auch die Karriere von Müller beendet gewesen. Doch weit gefehlt. Trotz Gerüchten über seine baldige Ablösung klebte Müller an seinem Direktorenposten, der ihm übrigens das Recht gibt, im Bundestag hinter der Präsidentin zu sitzen. Bei Sitzungen des Bundestages konnte man den Eindruck gewinnen, daß Bas ihn weitgehend zu ignorieren pflegte. Hausintern machte Müller noch von sich reden, als er einem Beamten versetzen ließ, der in einer linken Zeitung wegen seiner Zugehörigkeit zu einer studentischen Verbindung in die rechte Ecke gestellt worden war. Begründete Vorwürfe gegen den Beamten waren nie bekanntgeworden.

Daß Müller erst im August in den Ruhestand versetzt wird, hat für ihn einen riesigen Vorteil: Damit ist er zwei Jahre im Amt und erhält eine wesentlich höhere Pension, die sich auf etwas über 70 Prozent seiner letzten Dienstbezüge belaufen wird. Bei weniger als zwei Jahren würde er eine niedrigere Pension aus seiner letzten Verwendung als Abteilungsleiter erhalten. Der neue Direktor Michael Schäfer ist Leiter der Abteilung Information und Dokumentation in der Bundestagsverwaltung. Zuvor war er in der SPD-Bundestagsfraktion tätig. Seine Berufung gilt im Haus als weiterer Beleg für den personellen Durchmarsch von SPD-Mitgliedern auf allen Ebenen.