© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/22 / 13. Mai 2022

Trojanisches Pferd im Grundgesetz
Das Konstrukt Rassismus soll ohne die Rasse auskommen
Wolfgang Müller

In Zeiten, als er nur einer unter mehreren Spitzenpolitikern der Grünen war, überraschte Robert Habeck mit der empirisch nicht eben wasserdichten Feststellung: „Es gibt kein Volk.“ Heute trommelt er als Ampel-Vizekanzler dafür, dem ukrainischen Volk schwere Waffen für den Kampf gegen die Invasionsarmee des russischen Volkes zu liefern. 

Eine ähnliche Karambolage mit der Wirklichkeit steht wohl Tarik Tabbara noch bevor. Denn der an der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht lehrende Jurist gehört zu den eifrigsten Predigern des naturwissenschaftlich höchst umstrittenen Diktums: „Es gibt keine Rasse.“

Als Referent der Fraktionen der Linken und der Grünen bekam Tabbara im Juni 2021 Gelegenheit, diese Behauptung während einer Bundestagsanhörung zur Frage vorzutragen, ob der „nicht unschuldige Begriff Rasse“ im Artikel 3 III des Grundgesetzes nicht durch „Rassismus oder rassistische Diskriminierung“ ersetzt werden sollte. Seine Stellungnahme dazu hat er wesentlich ergänzt in der Zeitschrift Der Staat (4/2021) publiziert. Wenig überraschend plädiert er darin für die Ersetzung des Rassebegriffs, weil er eine „soziale Konstruktion“ sei. Die Gattung Mensch lasse sich nicht in Rassen unterteilen. Damit repetiert Tabbara lediglich die Botschaft der „Jenaer Erklärung“ der Deutschen Zoologischen Gesellschaft von 2019, in der es heißt, Rasse sei das Ergebnis von Rassismus, nicht dessen Voraussetzung.

Unterscheidungen münden in gefährlicher Hierarchisierung

Das Jenaer Gleichheitsmanifest steht zwar quer zu Erkenntnissen der Populationsgenetik, Humanethologie, Ethnologie, Anthropologie sowie zur kulturvergleichenden Psychologie und zur Intelligenzforschung. Es bietet aber einer Gesellschaft eine unverzichtbare Ideologie, die wie die bundesdeutsche durch Masseneinwanderung immer „vielfältiger“ wird und hoffen muß, den daraus erwachsenden schweren sozialen Verwerfungen mit manischer Gleichheitspropaganda vorbeugen zu können. In dem Maß, wie die Unterschiede sichtbarer werden, sollen sie aus dem kollektiven Bewußtsein verschwinden. So daß dann frei nach Orwell ein Rassismus ohne Rassen zu bekämpfen ist. Der schon bei simpler Unterscheidung zwischen „wir“ und „ihr“, mithin, wie Tabbara es nennt, bei „menschenverachtender Hierarchisierung“ beginnt.

Die angepeilte Grundgesetzänderung des „Rassenleugners“ Tabbara und seines linksgrünen Anhangs ist jedoch vorerst gescheitert. Nicht zuletzt am Widerstand einer kuriosen Allianz von Verfechtern der Critical Race Theory, die an Rasse festhalten, weil sie jene Identität stiftet, deren ständige „Diskriminierung“ zu beklagen ihr symbolisches und reales Kapital mehrt, und konservativen Staatsrechtlern wie Uwe Kischel (Greifswald), die warnen, aufgrund der Ersetzung von Rasse durch Rassismus ziehe das „ideologische trojanisches Pferd“  der Anti-Rassismus-Bewegung ins deutsche Verfassungsrecht ein.

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